ZITAT(wus @ 2009-05-10, 23:29) Sicher wird der eine oder andere sagen, was ist dann mit dem Verschluss in der Kamera? Der müsste natürlich hinreichend lange offen sein, so dass allein der objektivseitige Zentralverschluss die Belichtungszeit bestimmt. Umgekehrt müsste für Verschlusszeiten kürzer als 1/1000 der Zentralverschluss im Objektiv offen bleiben damit der Schlitzverschluss in der Kamera die kürzeren Zeiten steuern kann.
D.h. die Kamera muss derartige Objektive erkennen und entsprechend steuern. Kontakte haben die Objektive ja sowieso inzwischen, falls sich die Verschlussteuerung über die bestehenden nicht realisieren lässt müssten eben noch mehr dazu kommen.
Mit bestehenden Kameras dürfte sich das vermutlich eher nicht realisieren lassen. Eine gewisse Chance dafür sehe ich wenn sich die Verschlusssteuerung mit der existierenden Anzahl von Kontakten an den Objektiven realisieren ließe. Dann könnte evtl. ein Firmwareupgrade für die Kamera reichen.
Die andere Frage ist noch was passiert wenn ich so ein Objektiv an eine Kamera ohne diese neuartige Objektiv-Verschlussteuerung setze. Damit das zumindest in herkömmlicher Weise - also mit dem Schlitzverschluss in der Kamera - funktioniert müssten die Objektive so ausgelegt werden dass der Zentralverschluss dann offen bleibt.[/quote]
Objektive mit Zentralverschluß wären sicherlich ein sehr interessantes Alleinstellungs- und professionelles Ausstattungsmerkmal im Bereich der kleinbildformatähnlichen einäugigen Spiegelreflexkameras. Nicht nur wegen der kürzeren erreichbaren Blitzsynchronzeiten, sondern auch wegen der schöneren Spitzlichter (Stichworte: Apodisation und Bokeh), der Erschütterungsarmut (für Aufnahmen mit Tele und kritischen Belichtungszeiten) und der vollständigen Immunität gegen Bildverzerrungen bei sich schnell bewegenden Objekten, die bei Schlitzverschlüssen sichtbar werden können.
Die elektrische Schnittstelle zum Objektiv ist derzeit aber nicht für harte Echtzeitanforderungen, wie sie zur Auslösung eines solchen Verschlusses wohl benötigt würden, ausgelegt. Doch es ist sicherlich möglich, die Schnittstelle so zu erweitern, daß dafür keine zusätzlichen Kontakte notwendig würden und solche Objektive rückwärtskompatibel mit älteren Kameras blieben, indem der Zentralverschluß dann einfach dauerhaft offen bliebe. Die neue Funktion stünde halt nur mit neuen Gehäusen (ggfs. nach Firmware-Upgrade) zur Verfügung.
Im Moment sieht die Schnittstelle zum Objektiv in etwa folgendes vor:
http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...ost&p=40879
Alte 5-polige Schnittstelle:
Eine stabilisierte Stromversorgung für den ROM-Chip bzw. die CPU im Objektiv. ("L2": VDD1, "L5": DGND)
Eine Datenübertragungsschnittstelle basierend auf dem SPI-Protokoll ("L1": SPI-SIN/SDI/MISO, "L3": SPI-SCK, "L4": SPI-SS), bei dem die Kamera (als Master) die Objektivdaten aus dem ROM des Objektivs sowie den Zustand diverser Schalter im Objektiv erfragt. Auch die diversen Schalterstellungen am Objektiv werden auf diese Weise übertragen, wobei die Geschwindigkeit hier offenbar selbst für solche zeitkritischen Angelegenheiten wie "Druck auf Fokusstopptaste" ausreicht.
In Zukunft ebenfalls denkbar wären Daten von einem Blendendrehwähler am Objektiv, die als "ROM-Daten" an die Kamera gesendet würden und so voll rückwärtskompatibel bis zur 9000 AF die Wiedereinführung von Objektiven mit Blendenringen ermöglichen würden.
http://www.mi-fo.de/forum/index.php?s=&...st&p=156433
Aktuelle olige Schnittstelle:
Wie bei der 5-poligen Schnittstelle, aber es steht zusätzlich auch noch die unstabilisierte Batteriespannung der Kamera zum Antrieb besonders energiehungriger Verbraucher wie Elektromotoren in xi- und SSM-Objektiven zur Verfügung. ("L7": VDD0, "L8": PGND)
Weiterhin gibt es, ebenfalls über SPI realisiert, für die Kamera auch eine Möglichkeit, Daten an das Objektiv zu übertragen ("L6": SPI-SOUT/MOSI). Das kann vermutlich alles Mögliche sein, etwa Kommandos für xi- und SSM-Objektive zur Verstellung der Brennweite oder der Entfernungseinstellung.
In Zukunft denkbar wären Kommandos über "L6" für eine elektronische Blendenübertragung. Da der Bedarf dafür schon seit längerem abzusehen ist, bleibt zu hoffen, daß Minolta die Weitsicht besessen hat und diese Daten bereits im Rahmen des SSM-Protokolls überträgt, auch wenn sie bisher nicht genutzt werden. Ansonsten stünde mit Einführung von Objektiven mit elektronischer Blendenansteuerung ein erneuter schwerer Bruch ins Haus.
Genausogut ließen sich über die "L6"-Leitung auch Kommandos an einen Zentralverschluß im Objektiv übertragen. Nur die Auslösung dieses Verschlusses selbst könnte etwas problematisch sein, da hier ja relativ harte Echtzeitanforderungen eingehalten werden müssen. Ich weiß nicht, ob die Übertragung via SPI-Protokoll dafür schnell genug und vor allem dauerhaft reproduzierbar gleichschnell ist. Schlimmstenfalls müßte irgendeine der anderen Leitungen zwischenzeitlich zur Interruptleitung umgewidmet werden. Am ehesten käme dafür wohl die Leitung "L4" in Frage, möglicherweise aber auch "L1" oder "L2". Diese Umwidmung würde aus Gründen der Rückwärtskompatibilität natürlich nur dann aktiviert werden, wenn die Kamera das Objektiv zuvor als Zentralverschlußobjektiv erkannt hat und dieser Zentralverschluß ausgelöst werden soll.
Mit dem Druck auf den Auslöser würde sich der Zentralverschluß zunächst mal komplett schließen (kein Sucherbild mehr), indem die Kamera über "L6" ein Kommando "Verschluß schließen" schickt. Da währenddessen der Spiegel hochklappen und die Blendenmechanik sich schließen würde, was einige Zehntel Millisekunden lang dauern würde, dürfte genug Zeit sein, dieses Kommando noch über SPI zu senden. Ab diesem Moment würde die "L4"-Leitung temporär eine andere Funktion als bidirektionale Interruptleitung erfüllen. In dem Moment, wo der Zentralverschluß dann komplett geschlossen ist, würde das Objektiv dies der Kamera über die Interruptleitung signalisieren, die daraufhin den Schlitzverschluß öffnen würde. In der Zwischenzeit dürfte der Spiegel hochgeklappt haben, so daß nun der eigentliche Verschlußablauf ausgelöst werden könnte. Die Kamera würde über die "L4"-Leitung einen Interrupt zurück zum Objektiv senden, die daraufhin den Zentralverschluß entweder komplett öffnen würde (sofern die Blende noch über den Blendenübertragungshebel der Kamera realisiert ist). Wäre aber der Zentralverschluß mit der Blende identisch, so öffnete sich der Verschluß auf den vorher elektronisch übertragenen Blendenwert. Falls die Kamera die volle Kontrolle behielte, würde sie nun nach Ablauf der Verschlußzeit einen weiteren Interrupt an das Objektiv senden, sobald dieses den Verschluß wieder schließen soll. Alternativ dazu könnte das Objektiv die gewünschte Verschlußzeit auch schon vorher im Rahmen des Datenprotokolls über "L6" erfahren haben und die Zeitspanne in Eigenregie abwarten. Wie auch immer, das Schließen des Zentralverschlusses würde mit einem Interrupt in Richtung Kamera quittiert. Die Kamera würde das Signal empfangen und auch den Schlitzverschuß wieder schließen und danach ein weiteres Mal einen Interrupt zum Objektiv senden, das daraufhin den Zentralverschluß komplett öffnet, so daß das Sucherbild wieder erscheinen kann. Ab diesem Moment erhält die "L4"-Leitung auch wieder die alte Funktion zurück. Die Kamera hätte in der Zwischenzeit den Spiegel wieder runtergeklappt und ggfs. die Blendenmechanik aufgezogen. - So oder so ähnlich könnte man das sicherlich realisieren, wobei solcherart Objektive an allen alten Kameras voll nutzbar blieben, nur eben ohne Zentralverschlußfunktion...
Meines Wissens gibt es bei Franke & Heidecke/Rollei Zentralverschlüsse mit 1/1000s im Mittelformat und auch sonst Spezialzentralverschlüsse, die bis runter zu einer 1/2000s arbeiten. Irgendwas zwischen 1/1000s und 1/2000s als kürzeste Zeit sollte sich also auch im Kleinbildformat realisieren lassen (allerdings wäre für Zeiten unterhalb von 1/500s u.U. die Brenndauer eines normalen Elektronenblitzes bei voller Leistung schon wieder zu lang, so daß das nur noch mit etwas reduzierter Leistung ginge).
Schwer abschätzen kann ich die Trägheit eines solchen Verschlusses - in dem von mir oben beschriebenen Ablauf müßte sich der Verschluß ja zunächst komplett schließen, nur um dann kurz danach auf die eingestellte Blende (oder wieder komplett) aufzugehen und dann nach Ablauf der Verschlußzeit wieder zuzufallen, um dann zuletzt (nicht mehr zeitkritisch) wieder komplett aufzugehen.
Falls das so schnell hintereinander nicht realisierbar wäre, hätte man vor der Aufnahme eine erkennbar längere Dunkelphase.
Wie sind Zentralverschlüsse denn heute üblicherweise aufgebaut? Besitzen sie nur einen Lamellenapparat, der idealerweise auch die Funktion der Blende übernimmt, oder gibt es auch Konstruktionen mit zwei voneinander unabhängig auslösbaren Lamellenapparaten?
Noch etwas: Wir reden hier ja sowieso (leider) nur um die Umsetzung bei DSLRs. Wäre da nicht eigentlich ein elektronischer Verschluß auf Sensorbasis die naheliegendere Lösung, um solche ultrakurzen Blitzsynchronzeiten hinzubekommen?
Viele Grüße,
Matthias
PS. Ganz lustig in diesem Zusammenhang: Das neue Leica S2-DSLR-System sieht offenbar auch Objektive mit Zentralverschluß vor: http://www.fotofenster.de/2008-09/profi-leica-s2.html
Siehe auch: http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...st&p=246594
http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...st&p=253074