Ich gehe das Thema mal etwas abstrakter an, mal sehen obs wieder Schelte gibt (diesmal vermutlich von der analogen Fraktion).
Das Sender-Empfänger Modell kennt Ihr ja sicher. Einer sagt was (der Sender) und zwar so, dass der andere (der Empfänger) es möglichst gut versteht.
Nichts anderes macht ein Fotograf (oder eine Agentur, Zeitschrift etc. für ihn). Er zeigt ein Bild und versucht damit eine bestimmte Botschaft zu vermitteln, die Bildaussage. Derjenige, der die Bilder sieht, soll verstehen, was er mit dem Bild aussagen wollte. Dazu kann er sich aller Mittel bedienen, die ihm zur Verfügung stehen, also Manipulation im Chemielabor, Manipulation im digital darkroom oder auch das Bild begleitend zu einer Textreportage platzieren.
Wer einem solchen Fotografen verbieten wollte, diese Mittel anzuwenden, beschneidet ihn in seiner freien Ausdrucksfähigkeit - auch Zensur genannt. Von dem Recht auf freie Meinungsäußerung möchte ich erst gar nicht anfangen.
In dieser Diskussion und in der Bildgalerie soll es jedoch sicher darum gehen zu zeigen, dass man ein Bild mit rein fotografischen Mitteln, also ohne Texteinbettung (das einfachste Manipulationsmittel neben EBV;-) )des Fotos, so produzieren kann, dass eine beabsichtigte Bildaussage des Fotografen erkennbar wird. Ein Beispiel für soche Bildaussagen, das ich hier gefunden habe, wäre-
- ein Tier naturnah so zu zeigen, dass "als störend" bezeichnete Elemente wie Zäune oder andere menschliche Elemente nicht erkennbar sind, auch wenn sie da waren. Das ist Betrug, da das Tier erbärmlich in einem Zoo sass und man suggerieren wollte, dass es in einer natürlichen, farbenfrohen, romatischen Umgebung glücklich lebend fotografiert wurde. Ob der Betrüger nun den Zaun digital weggestempelt hat oder dies bereits bei der Bildgestaltung berücksichtigte, machts nicht besser oder schlechter.
Ein qualitativ hochwertiges Bild würde ich in diesem Fall nicht an der Farbenpracht des dargestellten Tieres oder dem Fehlen erkennbarer Zäune festmachen (das nenne ich mal technische Merkmale, weil ich später nochmal darauf zurückkomme), sondern an einer anspruchsvolleren Bildidee, bei der die Bildaussage wesentlich schwerer wirklich gut zu erzeugen bzw. zu fotografieren ist.
Eine anspruchsvolle Fotoaufgabe wäre in diesem willkürlich gewählten Beispiel eine kleine Fotoreportage, die mit nur 4 Bildern darstellt, welche Auswirkungen Zoohaltung auf Wildtiere hat. Sei es der dargestellte Tagesablauf der Elefanten, wie sie morgens ins Freigehege gelassen werden, tagsüber von Kindern gefüttert werden, sich unnatürlich verhalten und abends in den Verschlag gebracht werden.
Das wäre zwar nicht schön, aber unverfälscht real und fotografisch anspruchsvoll. Ich weiss nicht, ob die Elefanten wirklich in einem Verschlag übernachten, aber es sollte auch nur ein schnelles Beispiel sein; bei der richtigen Reportage müsste sicher eine Recherche vorausgehen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen.
Sagen will ich damit lediglich, dass der wirkliche Betrug häufig nicht bei der digitalen Manipulation beginnt, sondern bei der Bildidee.
Anklagende Diskussionen bez. digitalen Wegstempelns finde ich daher nicht wirklich wichtig, genausowenig wie das immer gleiche Herunterbeten technischer Mängel, das man in der Regel unter den Bildern liest. Lasst den Fotografen oder die Fotografin doch ruhig schräge Horizonte fotografieren solange sie/er will, vielleicht kommt, wenn die Kreativiät durch nörgelnde Bildkommentare nicht erstickt ja mal ein richtig guter schräger Horizont heraus.
Ein anderes Paradoxon, das ich in der Galerie immer wieder beobachte, möchte ich nicht unerwähnt lassen.
Bilder sollen möglichst digital unverfälscht bzw. unmanipuliert gezeigt werden, damit man beurteilen kann, ob der einstellende Fotograf sein Handwerk versteht. Das Bild soll für sich sprechen und zwar so wie es aufgenommen wurde und nicht nachbearbeitet.
Gut soweit, da der Fotograf feststellen möchte, ob er sein Handwerk beherrscht. Das erkennt der Fotograf (Sender) daran, ob die von ihm beabsichtigte Bildaussage beim Kritiker (Empfänger) so ankommt, wie er es sich gedacht hat. Äußerst bedauerlich dabei ist, dass ihm von einigen Herren dabei des öfteren gesagt wird, dass sie nicht mit ihm kommunizieren möchten (=Bildkritik üben), weil er ihnen nicht vorneweg dazuschreibt, was er sich bei dem Bild gedacht hat, was die beabsichtigte Bildaussage ist.
Das könnte man auch als den Boden unter den Füssen wegziehen bezeichnen und solchen Kritikern eine sich mir nicht erschleißende Motivation unterstellen, sich an der Galerie zu beteiligen.
Wie wärs denn mit der Reihenfolge, erst mal das Bild für sich sprechen zu lassen, dem Fotografen Feedback zu geben, wie das Bild für sich genommen ankommt und am Ende der Diskussion vom Einsteller erfahren, was er sich dabei gedacht hat. Das macht Sinn und ist für beide Seiten spannender. Und wenn das Bild nicht in der Lage ist, für sich zu sprechen, dann schreibt man halt drunter, dass es nichtssagend ist. Ich bin sicher, so mancher würde sich beim nächsten mal mehr Mühe geben.
Wenn man erst mal soweit gekommen ist und den Begriff Bildqualität jenseits von technischen Details interpretiert, macht es IMHO mehr Sinn, über den Einfluss digitaler Manipulationen auf die Qualität der Fotografie zu sprechen.
E.G.