Ein gewisses "Wehklagen" ist hier zur Zeit nicht zu verleugnen. Und ich gehöre sicherlich auch zu den Wehklagern. Natürlich hänge ich an dem, wie Nagakawa es kommuniziert "mechanischen" Feeling der (D)SLR. Die Frage in meinen Augen - Rudi, wenn Dir "Wenn&Abers" nicht liegen, hör einfach weg - ist, ob nicht eben diese "Mechanik" ein Teil der bei fast allen Herstellern immer wieder grassierenden oder auch milder aufkeimenden Probleme sein könnte (siehe AF).
Ich bin im Gegensatz zu anderen hier (was ich nicht für tragisch halte) der Auffassung, dass der Prismensucher in Zukunft überholt sein wird. Er erfordert in der Tat eine aufwändige Mechanik und damit doppelte Ingenieursleistung. Dieser Mechanik wird häufig, auch hier, verbal Tribut gezollt indem die Notwendigkeit der Schärfebeurteilung angeführt wird. Gehe ich jedoch alle Beiträge zum Backfokus durch, finde ich überwiegend Photographen, die glauben, die Schärfe im Sucher richtig beurteilt zu haben, aber letztlich mit Erstaunen "Unschärfen" im Bild wahrnehmen. Dabei teilt sich die Menge der Beobachter in jene, die meinen, die Unschärfe auch im Sucher wahrgenommen zu haben und jene, die meinen, dass die Abbildung im Sucher "scharf" gewesen wäre. Ich halte den Sucher der 7D für im Vergleich mit anderen DSLR ausgesprochen hell, jedoch taugt er allenfalls im Makrobereich für eine sichere Schärfebeurteilung. Wer viel mit MF-Objektiven, egal welchen Herstellers, gearbeitet hat, wird sicherlich bestätigen können, dass AF-Objektive im manuellen Modus ein im Vergleich unangenehm störendes Spiel haben. Nach meinem Dafürhalten mag die Tiefenschärfe bei digitalen Kameras durchaus grösser sein, jedoch wirkt sich ein gering falsch sitzender Schärfepunkt recht ausgeprägt aus. Dass die Bewertung der Bilddatei durch die grösseren Vergrösserungsmöglichkeiten am Rechner kritischer erfolgt mag sein, aber diese Kritik erfolgt zurecht, da die Vorteile digitaler Technik nunmal auch genutzt sei wollen und weiteren Spielraum geben.
Eine Lösung dieses Fiasko kann letztlich nur in einem sicheren AF liegen, der sich auch dann immer noch bei der Präferenzierung der Objekte vor den jeweiligen Sensoren irren kann. Das wäre nicht tragisch, da die Wahl des zu fokussierenden Objektive subjektiv ist. Läge der AF auch hier immer richtig, wären wir von der Motivklingel nicht weit entfernt.
Aber das sind nicht die einzigen Probleme. Die Lösung zur Steigerung des Dynamikumfanges, der Senkung von Rauschen bei hohen ISO-Zahlen usw. von digitalen Kameras wird nicht nur in den Sensoren liegen, sondern vor allem in der Firmware. Die Steuerung der einzelnen Verstärker eines Sensors wird zunehmend eine Rolle spielen. Damit werden aber nicht nur neue und komplizierte Settings einhergehen, sondern vor allem eine Frage: gibt es unter Umständen künftig noch mehr zu beurteilen als die Schärfe?
Hierbei wird der elektronische Sucher wieder ins Spiel kommen. Denn die Zukunft bietet deutlich mehr. Während Kameras wie die E-330 als Hybride einen CCD zur Darstellung des Lifebildes nutzen, bzw. im B-Modus den tatsächlich bildgebenden Sensor unter Verlust der AF-Fähigkeit, beherrschen die jetzt auf den Markt kommenden Generationen den AF auch während des Lifebildes vom bildgebenden MOS. Dass Kameras wie die L1 dabei dennoch einen (Porro)Prismensucher haben, halte ich eher in dem speziellen Fall für dem Retrodesign geschuldet.
Die Zukunft wird die Möglichkeit bieten, das Bildergebnis zu beurteilen, bevor es überhaupt eine Datei ist. Und zwar in allen Punkten wie Belichtung, Tiefenschärfe und Dynamik. Dass natürlich eine Belichtung mit Blitz kaum vorausschauend angezeigt werden kann ändert nicht viel, denn sie ist auch bei der Prismensuchertechnik ebensowenig verfügbar. Mein Hang zum "Sucher" liegt dabei nicht in einer nostalgischen Grundhaltung. Er liegt in der Tatsache, dass ein Sucher (egal ob elektronisch oder "xyz"-Prismensucher) unter allen Lichtverhältnissen ideale Auskunft ohne störende Lichteinflüsse geben kann. Ein Monitor kann dabei ein hilfreiches Additiv in verschiedenen Situationen sein, ist aber in meinen Augen als Lifemonitor nur für recht spezielle Zwecke wirklich sinnvoll.
Dass vergangene Modelle mit elektronischem Sucher in ihrer Sucherqualität recht halbherzig waren, möge vor allem angesichts des Preises und ihrer Marktpositionierung zu bewerten sein. Einige hier sind recht fit in Punkto Monitortechnik - sie sollten wissen, dass die Herstellung eines EVF in ausreichender Qualität nunmal auch Geld kostet!
Zur allgemeinen Bedienung von Kameras möchte ich hier auch mal ein paar kritische Anmerkungen aus meiner Sicht machen. Diese haben gewiss nicht für Jedermann Geltung. Ich respektiere absolut jeden. Wer seine "M"-Einstellung liebt und dafür die Zeit hat - bitte, er möge das zelebrieren. Ich benutze die "M"-Einstellung selten und wüsste eigentlich auch nicht, welchen Sinn das machen sollte. Denn letztlich kann z.B. die 7D etwas sehr Interessantes. Man kann via "AEL-Schalter" die Belichtung fixieren, aber in korrekter Relation über das Stellrad variieren.
Die Diskreditierung der R1 als "fleischgewordene" PSP ist mehr als lächerlich. Sie käme als Bridge für mich nicht in Frage, aber als Kamera mit Wechselobjektiv und überarbeiteter Leistung ist sie jedoch durchaus eine bedenkenswerte Alternative. Es entgeht niemandem etwas - auch eine R1 lässt sich manuell bedienen, kein kreativer Spielraum geht verloren.
Manches mal erweckt der Willen der "Semi-Profis", die Presets/"Motiv"programme von ihren Stellräder zu verdrängen, bei mir ein gewisses Gefühl eines "Featurerismus des Minimalismus". Ich möchte hier jedoch mal die Meinung eines der so beliebten (Ironie) Fachblätter hinzufügen. Es wurde geschrieben, dass bei digitalen Kameras (die Rede war von einer DSLR deren Markenbezeichnung ich nicht nennen werde) die Motivprogramme von wachsender Qualität und Wichtigkeit sind, da sie nicht nur Belichtungszeit und Blende steuern, sondern jetzt schon Einfluss auf die Bewertung der Verstärkerdaten und einzelner Farbkanäle ausüben und zwar nach Einschätzung des Fachblattes in einem qualitativ hochwertigen Maße, wie es durch EBV nur schwer und aufwändig zu erreichen ist. Wer über diese Aussage jetzt vorschnell ein Urteil trifft, sollte sich zuvor von seinen analogen Vorstellungen kurz trennen und darüber sinnieren, dass Digital nunmal nicht Analog ist und anderen Anforderungen und Gesetzmäßigkeiten beugen muss.
Fühlt sich der eine oder andere unter Umständen beraubt, weil es Kameras geben könnte, die mittels Motivprogramm hervorragend und im Sinne des Erstellers belichtete Bilder erzeugen? Wo liegt da der Verlust? Ist der Sinn der Photographie nur in dem Sinn der handwerklichen Ausübung zu verstehen? Nicht, dass sich hier irgendwer angesprochen fühlen soll, definitiv nicht. Aber man braucht heutzutage nicht mal mehr Fachbücher um Photographie zu "erlernen". Wer googled bekommt recht schnell einen Überblick, welche Ergebnisse die Manipulation von Blende, Zeit und Belichtungskorrektur erzeugen, welche Objektive für welchen Zweck geeignet sind usw. Und interessanterweise: welche Objektive dann unter dem Strich wirklich qualitativ der suggerierten Zweckdienlichkeit standhalten, kann nicht mal hier wirklich eindeutig beantwortet werden. Während die einen ein 85(G) von offen bis abgeblendet für hervorragend halten, finden es andere in der Offenblende flau und wenig brillant.
Dem sei entgegen zu halten, dass es immer eine Spezies von Photographierenden geben wird, denen das handwerkliche Roundabout um Photographie ein Rätsel, ein Geheimnis bleiben wird. Ich halte es für absolut begrüssenswert, dass jenen die Möglichkeit technisch guter Photographie nicht durch eine handwerkliche Hürde verwehrt sein mag. Es ist möglicherweise mit der Kluft zwischen einem Möbeldesigner und einem Möbeltischler zu vergleichen. Aus handwerklichen Gründen wird dem einen oder anderen Designer gewiss die Verfertigung hochwertiger Einzelstücke verwehrt sein, während der Handwerker unter Umständen an einem gewissen Mangel an Kreativität kranken kann. Nur ist die Kluft zwischen dem photographischen Handwerker und dem Künstler nicht so gross, als dass man nun in den wachsenden technischen Möglichkeiten und der damit einhergehenden Vereinfachung eine Gefahr für den Photographen sehen könnte.
Sehen wir es doch einfach mal realistisch. Mittlerweile gehen Photographen - ob gelernt oder nicht - in Einkaufszentren "hausieren", weil es der Klientel für das Familienportrait an Freiwilligkeit ermangelt (und sicherlich auch dem nötigen Kleingeld). Dieser Markt wird auch weiterhin schrumpfen. Noch vor zwei Jahrzehnten gab es wesentlich mehr niedergelassene Photographen. Das Passbild wird lustig hingerotzt, mittlerweile haben sich die Passbildphotographen auf eine Arbeitsweise eingelassen, die Photomatonautomaten geradzu marktfähig machen könnte.
Zum anderen war der Photograph in meinem Sinne noch nie ein reiner Handwerker, er hatte schon immer den Nimbus einer Art Künstler und ist/war es auch häufig. Das Gefühl für die richtige Situation, das richtige Licht und die richtige Komposition wird auch mit der perfekten, vollautomatischen Kamera nicht in die Leute zu prügeln sein.
Zu den Einlassungen von Nagakawa möchte ich mal anmerken, dass sie neben eigenen Interpretationen und Anmerkungen zwei Zitate enthalten. Ich nehme es aus journalistischen Gründen mit Zitat sehr ernst. Erstens ist der Photoreporter ein journalistisches Onlinemagazin, zweitens sind Zitate auch u.U. von juristischer Relevanz (spätestens dann, wenn falsch zitiert wird). Also nehme ich vor allem diese beiden Zitate ernst und nicht die Interpretation des "Photoreporter".
Zitat:
characterizes as outdated and too dependent "on the craftsmanship of experienced workers—a world that will soon cease to exist."
"...charakterisiert als überholt und zu abhängig von der Kunstfertigkeit erfahrener Arbeiter - eine Welt welche bald aufhört zu existieren!"
"was amazed to see that the DSLR is still fundamen-tally mechanical" and feels the design must become more electronic or we would be no match for powerful rivals like Canon and Nikon"
"war erstaunt festzustellen, dass DSLR immer noch fundamental mechanisch sind und glaubt, dass das "Design" wesentlich mehr elektronisch werden muss, da wir (Sony) sonst kein Ziel für kraftvolle Konkurrenten wie Canon oder Nikon sind."
Da hier einige sicherlich nicht der englischen Sprache wirklich zur Gänze mächtig sind, sollte man anmerken, dass Design in diesem Zusammenhang mitnichten eine äußere Anmutung, sondern das gesamte Konzept betrifft. Wer glaubt, dass Sony hier auf Spielereien setzt, sitzt unter Umständen einem lustigen Irrtum auf. Natürlich sitzt das Schreckgespenst von Sony noch in der Glaskugel. Aber das da ist kein hilfloses Gestammel eines Vizemanagers sondern eine klare und recht offene Ansage an das Profisegment der beiden Boliden Nikon und Canon.
Rein verbal will Sony eine Kamera im Consumersegment mit dem Profisegment konkurrierenden Leistungen positionieren.
Das neue Kopf an Kopf Rennen wird sich für mein Dafürhalten zwischen Sony versus "Panasonic, Leica, Olympus", sowie Canon und Nikon definitv abspielen. Gründe dafür liegen auch darin, dass auch die Prosumermodelle wie die D200, D20 und D5 (sry, ich ordne dieses durchaus gute Geschöpf dort ein, auch wenn sie eindeutig als Profikamera brauchbar ist) ihre lieben Absatzschwierigkeiten haben. Setzt sich dieser Trend durch, werden Produktionsanlagen für mechanisch aufwändige DSLR wie die 1D&Co. nicht mehr haltbar sein. Denn die Produktion dieser Modelle finanzierte sich nicht durch den Einzelwert, sondern durch den Gesamtabsatz aller hauseigenen Modelle am Markt.
Das zur Zeit als geschwächt betrachtete Konkurrenzgespann Olympus, Panasonic und Leica sollte dabei nicht unterschätzt werden. Diese drei Mitstreiter werden in absehbarer Zeit relativ ähnliche, in ihrer Leistungsstärke jedoch unterschiedliche Modelle anbringen. Die Verwandtschaft schon der Gehäuse, bedingt durch die Porroprismentechnik, aber auch des Popup-Blitzes stehen jetzt schon klar. Genauso wie die Sensoren usw. Dabei wird Olympus mit leistungsstarken Kameras (was die 330er jetzt schon zu Beweis stellt) im unteren Preissegment antreten, während Panasonic im edleren Gewand die obere Mittelklasse, respektive untere Oberklasse bedienen will und zudem auf gute Leica-designed-Objektive zurückgreifen wird können. Natürlich werden diese Objektive sich abheben von dem Marktdurchschnitt, aber keinesfalls die Klasse eines "echten" Leica-Objektivs erreichen. Für diesen Wunsch muss der Anwender in die upper class und tiefer in die Tasche greifen. Dabei verlassen sich die drei auf Synergieeffekte bei Entwicklung, Produktion und Markennamen - und das mit Erfolg.
In dieser Hinsicht kann ich das Roundabout bezüglich der Zusammenarbeit von Konica-Minolta und Sony nur so interpretieren, dass beide auf ähnliche Synergieeffekte hofften, Sony jedoch marktbezogen folgerichtig festgestellt haben wird, dass das Interesse des Marktes an immer teurer werdenen DSLR stetig sinkt und sinken wird. Der im DSLR-Sektor angeschlagene Konkurrent Konica-Minolta hat sich aus Mangel an Mut in diese Marktstrategie zurückgezogen und Sony setzt sich mit KoMi-Technik durch. Man wird sehen, wohin das führt.
Schönen Abend noch...
Edit: verschluckte Buchstaben ausgemerzt