MC-Objektive unter Blenden- und Programmautomatik
Angeregt durch eine Leserfrage halte ich es für sinnvoll, hier ein paar Worte über die Verwendung von MC-Objektiven an Kameras wie XD-5, XD-7 und X-700 zu verlieren.
Ich möchte hiermit auch den blutigsten MF-Einsteiger erreichen, also lieber Fortgeschrittener... bitte nicht nervös werden ;-)
Woran erkennt man MD-Objektive, gerade wenn es sich um Produkte von Fremdherstellern handelt und die Art der Kupplung nicht explizit ausgewiesen ist?
Je nach Objektivtyp befinden sich am Blendeneinstellring eine (MC) oder
zwei (MD) Laschen.
Eine dieser Laschen ist in Höhe der Blendenskala positioniert.
Ist das Objektiv am Kameragehäuse montiert, steht diese Lasche im stetigen Eingriff mit der Kupplungsnase der sog. MC-Kupplung.
Wird der Blendeneinstellring am Objektiv verstellt, so wird die ringförmig um das Kamerabajonett angeordnete MC-Kupplung gegen eine Federkraft verdreht und somit die jeweilige Position des Blendeneinstellrings an das Belichtungsmeßsystem der Kamera weitergemeldet.
Über diese Kupplung verfügen sowohl die MC- als auch MD-Objektive.
(Diese Kupplung übermittelt lediglich die vorgewählte Blende, die Betätigung der Springblende erfolgt über den Metallzapfen, der sich innerhalb des Objektivbajonetts befindet.)
Hält man nun ein MD-Objektiv in den Händen (Frontlinse nach vorn), so findet man etwas weiter rechts von der soeben kennengelernten MC-Kupplung eine weitere Lasche, die sog. MD-Kupplung.
Wird der Blendeneinstellring auf die Position "kleinste Blende" gedreht, betätigt diese Lasche einen kleinen (meist silbernen) Hebel am Kameragehäuse und meldet der Blenden- bzw. Programmautomatik, daß am Objektiv die kleinstmögliche Blende gewählt ist und somit das gesamte Blendenspektrum durch die Automatik genutzt werden kann.
Dieser Hebel ist freilich nur an Gehäusen mit Blenden- bzw. Programmautomatik vorhanden; er befindet sich, bei Blick auf die Kameravorderseite, etwa auf "Zehn-Uhr-Position" am Kamerabajonett.
Zur ILLUSTRATION sind unten zwei Bilder angefügt.
Was ist nun bei der Verwendung von MC-Objektiven an Gehäusen mit Blenden- bzw. Programmautomatik zu beachten?
Minolta schreibt in den Kamerahandbüchern sinngemäß, daß die Blenden- bzw. Programmautomatik mit MC-Objektiven nicht oder nur eingeschränkt benutzbar ist.
Faktisch trifft es zu, daß gewisse Funktionen mit MC-Objektiven nicht zur Verfügung stehen.
Wird der Kamera bei der Benutzung der Blenden- bzw. Programmautomatik nicht über die MD-Kupplung mitgeteilt, daß die kleinste Blende eingestellt ist, z.B. weil am Objektiv keine MD-Kupplung vorhanden ist, oder weil gar nicht die kleinste Blende eingestellt wurde (!, muß die Belichtungssteuerung davon ausgehen, daß nicht der gesamte mögliche Belichtungsspielraum ausgenutzt werden kann.
Die Kamera kann physisch immer nur soweit abblenden, wie es am Blendeneinstellring vorgewählt wurde, nicht weiter!
Es kann also zu Überbelichtungen kommen, die bei Wahl der kleinstmöglichen Blende vermieden werden könnten.
Freilich kann man auch bewußt eine andere als die kleinstmögliche Blende vorwählen, z.B. weil man die Schärfentiefe beschränken möchte.
Allerdings muß man dann den eingeschränkten Belichtungsspielraum berücksichtigen und, je nach Kameramodell, mit fehlenden bzw. hektisch blinkenden Sucheranzeigen leben.
Wie sieht nun die Praxis aus?
Beginnen wir mit der X-700 und gehen davon aus, daß das montierte Objektiv nicht voll abgeblendet wird.
Der im Folgenden beschriebene Sachverhalt wird gerade dem Einsteiger wohl etwas komplex erscheinen. Wenn er ihn jedoch verstanden hat, wird es ihm nicht mehr schwerfallen, sich in alle weiteren möglichen Fälle einzudenken:
Stellt man am montierten Objektiv eine andere als die kleinste Blende ein (egal, ob MC- oder MD-Objektiv), so wird der MD-Kupplungshebel am Kameragehäuse nicht betätigt, die Belichtungssteuerung erkennt, daß nicht die kleinstmögliche Blende eingestellt ist und signalisiert durch das blinkende P im Sucher, daß der Belichtungsspielraum eingeschränkt ist.
Dennoch erkennt die Belichtungssteuerung über die MC-Kupplung die aktuell gewählte Blende und den somit zur Verfügung stehenden Arbeitsbereich. Die Programmautomatik arbeitet quasi wie gewohnt, sie weist sogar bei drohender Überbelichtung durch den blinkenden Pfeil auf diesen Umstand hin.
Allerdings ist nun die Kennlinie des Programms verschoben.
Was heißt das?
Im Kamerahandbuch ist dies auf S. 30 recht einleuchtend illustriert.
Das Diagramm in Worten zu erläutern würde diesen Rahmen wohl sprengen.
Für Nichtbesitzer des Handbuchs sei daher das Wesentliche gesagt:
Das Belichtungsprogramm stellt in Abhängigkeit von der erforderlichen Belichtung eine passende Kombination aus Blende und Verschlußzeit ein.
Bei sich ändernden Lichtverhältnissen werden Blende UND Verschlußzeit verändert, und dies in einem konstanten Verhältnis (Lineare Kennlinie).
Dieses Verhältnis gibt die Steilheit der Kennlinie an.
Die Belichtungssteuerung kann also für jeden erforderlichen Belichtungswert innerhalb des Arbeitsbereichs genau eine bestimmte Kombination aus Blende und Verschlußzeit auf dieser Kennlinie finden.
Begrenzt ist dies einerseits durch den Punkt, an dem die kürzest mögliche Verschlußzeit (1/1000 sec) bei gegebener Blende erreicht ist. Dies ist das obere Ende der Kennlinie, eine knappere Belichtung ist dann nicht möglich.
Das "untere Ende" der Kennlinie liegt dort, wo die größtmögliche Blende (abhängig vom Objektiv) erreicht ist. Von diesem Punkt an kann die Belichtungssteuerung nur noch die Verschlußzeit verlängern.
Egal auf welchen Blendwert das Objektiv nun eingestellt wird, die Steilheit der Kennlinie bleibt konstant, lediglich ihre Lage wird, wie bereits erwähnt, verschoben.
Je nach vorgegebener kleinster Blende, können also für ein und denselben erforderlichen Belichtungswert unterschiedliche Kombinationen aus Blende und Verschlußzeit zustande kommen.
Wird beispielsweise am Objektiv als kleinste Blende die 16 vorgewählt, so ergibt sich für einen angenommenen Belichtungswert die Kombination
Blende 2,8 bei 1/125 sec.
Wird an diesem Objektiv nun als kleinste Blende die 5,6 vorgegeben, so entscheidet sich die Belichtungssteuerung bei GLEICHEM erforderlichen Belichtungswert für die Kombination Blende 2 bei 1/250 sec.
Wer das Prinzip bis hierhin verstanden hat, dem wird jetzt auch schon dämmern, was passiert, wenn anstelle eines MD-Rokkor 1,7/50mm ein MC-Rokkor 1,7/50mm (beide mit kleinstmöglicher Blende 16) an der X-700 montiert wird?!
Es passiert ... NIX!
Bei gleichen eingestellten Blenden wird die Kamera bei beiden Objektiven nach der gleichen Kennlinie arbeiten; siehe oben.
Lediglich beim MC-Objektiv kann es mangels der MD-Kupplung nicht erkannt werden, wenn das Objektiv voll abgeblendet ist. Vorsorglich weist die Programmautomatik durch das blinkende P darauf hin, daß möglicherweise nicht der gesamte Spielraum des Objektivs genutzt wird.
Also - Viel Spaß mit MC-Objektiven an der X-700!
Wie verhält sich nun die Blendenautomatik der XD-7 bei der Verwendung von
MC-Objektiven (Ich nenne fortan nur noch die XD-7 stellvertretend für XD-5 und
XD-11)?
Bei der Blendenautomatik der XD-7 ergeben sich etwas andere Situationen als bei der X-700, die jedoch - nach meinem Empfinden - schönere Möglichkeiten zur Kreativität eröffnen.
Grundsätzlich erkennt es auch hier die Belichtungssteuerung über die
MD-Kupplung, wenn das aufgesetzte MD-Objektiv voll abgeblendet ist.
Auch bei der XD-7 kann in diesem Fall der größtmögliche Belichtungsspielraum genutzt werden.
Passend zur eingestellten Verschlußzeit steuert die Belichtungssteuerung den jeweils erforderlichen Blendwert ein.
Im Gegensatz zur Programmautomatik der X-700 bleibt hier die Verschlußzeit jedoch zunächst konstant! Die aktuell eingesteuerte Blende kann an der Anzeige im Sucher abgelesen werden.
Erst wenn die Blendwerte aufgrund der Grenzen des Objektivs nicht weiter verändert werden können, geht die Blendenautomatik dazu über, die Verschlußzeit zu verändern.
Würde also bei vorgewählter kleinstmöglicher Blende die Aufnahme immer noch zu hell, wird von der Belichtungssteuerung die Verschlußzeit verkürzt. Der leuchtende rote Pfeil oben informiert den Fotografen darüber.
Würde hingegen, bei wenig Licht, das Bild trotz voll geöffneter Blende immer noch zu dunkel, geht die Blendenautomatik dazu über, die Verschlußzeit zu verlängern. Angezeigt wird dies durch den leuchtenden roten Pfeil unten.
Es dürfte nun schon fast klar sein, was passiert, wenn am Objektiv eine andere als die kleinstmögliche Blende eingestellt wird.
Da die MD-Kupplung am Kameragehäuse nicht betätigt wird, erkennt die Kamera, daß nicht die kleinstmögliche Blende vorgewählt ist und somit nicht der größtmögliche Belichtungsspielraum ausgenutzt werden kann.
Über die MC-Kupplung wird jedoch die aktuell gewählte Blende an die Kamera gemeldet, und ... die Belichtungssteuerung arbeitet genau nach dem oben beschriebenen Prinzip.
Im Sucher wird die aktuell eingesteuerte Blende allerdings nicht mehr angezeigt.
Leuchtet gar keine Anzeige auf, bedeutet dies, daß bei vorgewählter Verschlußzeit eine passende Blende eingesteuert wird.
Leuchtet der rote Pfeil oben, heißt das, wie sonst auch, die Verschlußzeit wird gegenüber dem vorgewählten Wert verkürzt; leuchtet der rote Pfeil unten, wird die Verschlußzeit verlängert.
Logischerweise muß nun die Belichtungssteuerung bei großer Motivhelligkeit früher dazu übergehen, die Verschlußzeit zu verkürzen - eben nicht erst bei kleinstmöglicher Blende, sondern schon, wenn der vorgewählte Blendwert erreicht ist. Das schränkt natürlich den Belichtungsspielraum nach oben hin ein!
Im Kamerahandbuch werden die kreativen Möglichkeiten, die sich durch die Vorwahl einer anderen als der kleinstmöglichen Blende ergeben, sehr schön beschrieben (S. 56ff).
Es erübrigt sich nun fast zu beschreiben was geschieht, wenn anstelle eines
MD-Rokkor 1,7/50mm ein MC-Rokkor 1,7/50mm (beide mit kleinstmöglicher Blende 16) an der XD-7 montiert wird.
Mit beiden Objektiven arbeitet die Kamera nach dem gleichen Prinzip.
Lediglich beim MC-Objektiv kann sie es nicht erkennen, wenn die kleinste Blende eingestellt ist. Daher wird im Sucher die aktuell eingesteuerte Blende nicht angezeigt... siehe oben.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß auch MC-Objektive mit Blenden- und Programmautomatik verwendet werden können.
Da die Kameras mangels der MD-Kupplung es nicht erkennen, wenn die kleinstmögliche Blende eingestellt wurde, weisen sie vorsorglich darauf hin, daß möglicherweise nicht der gesamte Belichtungsspielraum zur Verfügung steht und die Gefahr von Überbelichtungen besteht, bzw. zunehmen könnte.
Bei der XD-7 muß zusätzlich in Kauf genommen werden, daß die aktuell eingesteuerte Blende nicht angezeigt wird.
Freilich kann man auch bewußt eine andere als die kleinstmögliche Blende vorwählen, um beispielsweise bewußt die Schärfentiefe zu begrenzen.
Dann allerdings muß der eingeschränkte Belichtungsspielraum berücksichtigt werden.
Auch hier gilt wieder: Wohl dem, der die Automatik seiner Kamera verstanden hat!
Viel Spaß!
© by Mick
Editiert am 02.02.05: Bilder (ehemals alte Mitgliedergalerie) angehängt.
Hier die Illustration:
(Unter Ermangelung eines eigenen Digitalequippments auf die Schnelle entstanden. Kein Statement meiner "Macro-Fähigkeiten".)