Festbrennweiten oder Zoomobjektive - oder etwa beides?
Die Frage, welchen Objektivtyp man sich an sein Kameragehäuse schraubt, stellt sich fast jeder einmal, der sich mit dem Hobby Fotografie intensiver beschäftigt.
Müssen doch Kosten, Abbildungsqualität, Lichtstärke und Handhabbarkeit sorgfältig gegeneinander abgewogen werden - ausser es steht einem unbeschränktes Budget zu Verfügung, nur wer hat das schon /smile.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="smile.gif" />.
Nachdem man irgendwann einmal den Zusammenhang zwischen Blende und Verschlusszeit kennt, die verschiedensten Brennweiten ausgetestet hat und seine Vorliebe für ein bestimmtes fotografisches Gebiet entdeckt hat (z.B. Portraitfotografie) wird man plötzlich feststellen, dass das 3,5-5,6/28-80, welches man im Set mit einer Kamera mal gekauft hat, irgendwie seinen persönlichen Vorstellungen nicht ganz gerecht wird:
Vergrößerungen die man herstellen lassen hat, entsprechen nicht seinen Vorstellungen, weil das Bild "irgendwie unscharf und irgendwie flau ist", die portraitierte Person ist zwar von der Nasenspitze bis zum Hinterkopf scharf abgebildet, aber der Garten dahinter auch, und irgendwie gefällt einem das nicht.
Also sucht man sich Alternativen und damit neue Objektive. Und ab jetzt kann das ganz schön ins Geld gehen - (T)Euro lässt grüßen.
Was nehmen: Eine lichtstarke Festbrennweite speziell für die Portraitfotografie, z.B. 1,4/85 G (900,-) oder ein Zoomobjektiv 80-200 (1250,-) mit durchgängiger Lichtstärke von 2,8, weil ich ja noch was anderes außer Köpfe fotografieren möchte?
Diese Frage kann Ihnen keiner beantworten - ausser: Wie man sieht ist das Hochlichtstarke 1,4/85 G (welches für Portraits prädestiniert ist) doppelt so lichtstark wie das Zoom, bei besserer Abbildungsleistung bei Blende 2,8 als das Zoom und zudem auch noch günstiger! Das heißt, das 85’iger ist zudem noch ein ideales Objektiv für available light Fotografie; was heisst, fotografieren bei wenig vorhandenem Licht!
Demgegenüber steht das Zoom mit seinen sehr guten Abbildungsleistungen, etwas schwächerer Anfangsöffnung (wobei 2,8 bei einem Zoom mit diesem Brennweitenbereich als sehr hoch einzustufen ist) und dem unbestrittenen Vorteil der variablen Brennweite!
Gleiche Frage wie vorher: Was nehmen?
Entscheidungshilfe/Vorschlag
Wenn Sie wirklich ein Talent für Portraitfotografie entwickelt haben, geht nichts über die Festbrennweite. Zudem macht es einen heiden Spass sich mit der festen Brennweite auseinander zusetzen. Sie werden feststellen, dass sie plötzlich die Beine bewegen um den Ausschnitt zu bestimmen (und das ist gut so) und nicht mehr einfach am Zoomring drehen. Das bewusste Auseinandersetzen mit der festen Brennweite schult zudem Ihr Auge.
Und dann, viele Bilder später, können Sie das 85’iger noch durch das Zoom erweitern und dann mit 200 mm Brennweite bei Blende 2,8 Portraits in der freien Natur am Strand machen, mit wunderbar freigestellter Person vor harmonisch unscharfem Hintergrund.
Aber: gab es da nicht auch eine Festbrennweite mit 200 mm und Blende 2,8?
Kurze Erläuterung warum hohe Lichtstärke bei der Portraitfotografie so wichtig ist: Je lichtstärker mein Objektiv ist - sprich je größer meine Ausgangsblende ist -, desto kleiner wird der Schärfe/Unschärfebereich der abgebildet wird. Bei dem 1,4/85 z.B. ist es so, wenn Sie bei einem formatfüllenden Portraits auf die Augen scharf stellen, liegt bei Offenblende (1,4) bereits die Nasenspitze im Unschärfebereich - und mit diesem Objektiv will fotografieren neu erlernt werden!
Und dies ist ja das schöne bei der Portraitfotografie: Vollkommene Freistellung des Objektes der Begierde vor unscharfem Hintergrund, damit das Auge auch nur das Hauptobjekt wahrnimmt und nicht durch störenden Hintergrund irritiert wird.
Diese Überlegungen nur anhand des Beispieles der Portraitfotografie!
In einem anderen Thread werde ich versuchen, auf andere interessante Gebiete einzugehen wie Natur, Tier, Architekturfotografie einzugehen um hier weitere Tipps zu geben.
Etwas zu Objektiven allgemein:
Hochwertige Festbrennweiten sind etwa doppelt bis viermal so lichtstark wie Zoomobjektive.
Am Beispiel des 1,4/85 bedeutet dies, dass ich das Objektiv getrost auf Blende 2,8 abblenden kann und damit bereits im Bereich seiner besten Arbeitsleistung bin (siehe 1) während ein Zoomobjektiv bei gleicher Lichtsituation noch bei Offenblende eingesetzt werden muss und somit die Abbildungsschwächen die es bei Offenblende besitzt, akzeptieren muss.
Oder aber ich kann die Verschlusszeit entsprechend erhöhen indem ich das Objektiv mit Blende 1,4 einsetze und damit die Freihandgrenzen nach oben schraube bzw. die Verwacklungsgefahr reduziere. Gleichzeit bleibt mehr Spielraum für die Verwendung feinkörniger und scharfer Filme (ISO 50, ISO 100). All das kann ich mit lichtschwachen Zoomobjektiven nicht realisieren!
Demgegenüber bieten aber Zoomobjektive den Vorteil des variablen Brennweitenbereiches, so kann ich z.B, den Brennweitenbereich von 100-300mm in einem einzigen Objektiv vereinigen, während ich bei Festbrennweiten hier mindestens 2 benötige. Es entfallen die oft lästigen Objektivwechsel und es reduziert sich das Gewicht und den Wert der Ausrüstung. Es müssen aber oft Filme mit höherer Lichtempfindlichkeit und damit höherer Körnigkeit eingesetzt werden (ISO 400, ISO 800). Als Nachteil kann man noch erwähnen, dass ein Zoomobjektiv erst bei Blende 8-11 seine besten Abbildungsleistungen entfaltet - hier also Bilder erhält, die wirklich "scharf" sind - auch bis in die Bildecken (für Diafotografen wichtig).
Desweiteren sollte man im klaren darüber sein, wie groß den meine Abzüge sein dürfen/sollen. Sind es zu 99% 10 x 15 große Abzüge fürs Familienalbum und ab und an von einer besonders gelungen Aufnahme/Schnappschuss mal ein 20 x 30 Abzug für an die Wand? Für diesen Anwender sind Zoomobjektive jeglicher Art geeignet. Oder gehören Sie zu den Fotografen, die von ihren Bildern des öfteren großformatige Prints (ab 20 x 30) anfertigen lassen oder sogar Dia’s fotografieren, die bis zu einer Größe von 2 m präsentiert werden? Hier werden Zooms schon fraglich, weil sich die Abbildungsfehler bei dieser Bildgröße schon deutlich bemerkbar machen. Hier sind die Festbrennweiten unschlagbar.
Und trotzdem bin ich der Meinung: Für Jemanden der seine Bilder nur fürs Familienalbum macht und mit 2 Zoomobjektiven von 28-80 und 75-300 eigentlich allen fotografischen Situationen gewachsen sein wird, sollte die Überlegung sich nur eine Festbrennweite zuzulegen in nicht allzu weiter Ferne sein. Überlegen Sie sich mal: Das Minolta 1,7/50mm kostet etwa 125 Euro, ist damit durchaus bezahlbar.
Aber die Möglichkeiten die Sie damit erhalten sind jenseits aller Dinge die Sie sich vorstellen konnten. Sie erhalten eine ultralichtstarke Festbrennweite, Sie können plötzlich Lichtstimmungen freihand fotografieren die zuvor eines Blitzlichteinsatzes bedurften, Sie können mit dieser Brennweite Ihr fotografischen Auge schulen und lernen bewusst mit einer bestimmten Brennweite umzugehen!
Das alles bietet Ihnen kein Zoom!
Dieser Beitrag wurde durch unseren Moderator Stephan erstellt. Vielen Dank!
1) Warum abblenden? - oder Abblenden bringt Qualitätsgewinn.
Schon eine Stufe abblenden kann sich günstig auf die Abbildungsleistung des Objektives auswirken. Durch das Abblenden, werden die Randstrahlen des Objektives beschnitten und damit die Bildqualität erhöht. Es gibt nur wenige Objektive die wirklich bei Offenblende eingesetzt werden können - und dies sind ausnahmslos Festbrennweiten. Lichtschwache Zoomobjektive sollten wie oben schon beschrieben mindestens auf 8 abgeblendet werden, Lichtstarke mind. auf 4