Geheimnisvolle Versuchung
... oder "ein Wort zur Vorsicht"
"Minolta Dynax 7 – fast neu! Keine Gebrauchsspuren! Leider hat die Kamera eine kleine Macke, die aber nur sporadisch auftritt. Hin und wieder: --- Fehlerbeschreibung ---.
Für einen geschickten Bastler bestimmt kein Problem! Leider habe ich zwei linke Hände, daher gebe ich die Kamera schweren Herzens zu einem sehr günstigen Preis ab..."
Ha! Bestimmt ist der Verkäufer einfach nur ein Depp! Hat gar nicht gemerkt, daß man das mit einem Luftpinsel und einem Läppchen wieder hinkriegt. Naja, zur Not müßten wir mal schnell zum Fotofritzen an der Ecke, der kriegt das mit zwei drei Handgriffen hinter der Theke wieder hin, während wir gelangweilt die aktuellen Fotozeitschriften durchblättern. Kriegt nen Zehner für die Kaffeekasse...
Weit gefehlt!
Bedrückenderweise lesen wir hier in letzter Zeit häufiger Anfragen von Fotografen, die günstig an eine Kamera mit "leichter Macke" gekommen sind. Leider gestaltet sich die Reparatur dann meistens doch erheblich aufwendiger als erwartet, und man ist erschlagen vom hohen Preis, den die Fachwerkstatt für eine Instandsetzung verlangt.
Um es vorweg zu nehmen, wir wollen natürlich jedem gerne helfen, etwaige Probleme zu lösen. Wir sind auch dankbar für Berichte und Erfahrungen, die die Leser mit Defekten und deren Reparaturen gemacht haben. Auch das ist der Sinn eines solchen Forums, es lebt davon!
Nur, leider lassen sich nicht alle Störungen per Ferndiagnose beseitigen.
Ich möchte niemandem den Spaß daran nehmen, beispielsweise per Internetauktionen Kameras und Objektive zu kaufen. Wer jedoch Probleme mit nicht funktionierenden Komponenten vermeiden will, sollte sich die Zeit nehmen, sich die Bewertungen des Anbieters anzuschauen. Einen seriösen Anbieter wird es auch nicht stören, wenn man sich bei ihm nach dem Zustand der Kamera und der Art der Nutzung (Weihnachtsfotos oder Urwaldeinsatz?) erkundigt.
Ist der Anbieter vielleicht ein Laie, der ein Erbstück verkauft? Könnte er selbst bei edelsten Absichten einen kleineren Mangel an der Kamera überhaupt erkennen?
Mit ein wenig Mühe läßt sich das Risiko einer Enttäuschung zumindest mildern.
Auch will ich niemandem einen gewissen Forscherdrang vergraulen. Wer sich beispielsweise eine alte defekte Minolta kauft, um sie einfach zu zerlegen, um zu sehen, was da so drin steckt, zu erkennen, wie die ganze Mechanik arbeitet, dem kann ich nur raten: Machen! Machen, wenn's doch Spaß macht...
Und wenn er dabei die Hoffnung hegt, mit technischem Sachverstand, Intuition und ein bisschen Glück die Kamera reparieren zu können – warum nicht, vielleicht gelingt es!
Doch ich möchte davor warnen, sich auf solche Glückstreffer zu verlassen. In der Regel wird der Preis für die defekte Kamera zuzüglich der Reparaturkosten höher, als der Preis, den man für eine Gebrauchte mit Garantie beim Händler bezahlt hätte.
Sicher, gerade für Schüler oder Azubis mit schlankem Geldbeutel sind solche Angebote wie das einleitende Beispiel eine große Versuchung, ein Griff nach den Sternen, die Kamera der Großen für den Preis eines Einsteigermodells. Leider resultiert dann oft bittere Enttäuschung – man hat eine Stange Geld für ein Nichts bezahlt; ach hätte man doch für den gleichen Preis lieber das nagelneue Basismodell genommen...
Sind die derzeitigen Besitzer - und Anbieter – defekter Kameras tatsächlich verblödete Trottel, die nicht einmal wissen, daß man vor dem Fotografieren diese schwarze Kappe vom Objektiv nehmen muß? Wohl kaum! Hand auf's Herz, wer würde für einen kleinen Preis eine defekte Kamera verhökern, wenn die Reparatur eine Kleinigkeit wäre und sich die instandgesetzte Kamera dann zu einem wesentlich höheren Kurs verkaufen ließe?
Nun denn, auch wenn die Versuchung noch so groß ist, wer sich auf den Kauf einer defekten Kamera einläßt, sollte wissen was er tut. Wenn das Fehlerbild und die potentiellen Reparaturkosten bekannt und vertretbar sind – nun, warum nicht.
Wer beabsichtigt, ernsthafte Reparaturen selbst durchzuführen, sollte sich mit entsprechender Dokumentation eindecken (schwer zu bekommen und nicht gerade billig). Doch warum nicht, es ist ein hochinteressantes Hobby.
Doch wer auf ein von Anfang an zuverlässig arbeitendes (Gebraucht-)Produkt angewiesen ist, dem sei der Weg zum Fachhändler empfohlen, oder zumindest die Mühe, sich konsistente Informationen über das angestrebte Objekt der Begierde einzuholen.
Viel Erfolg und wenig Enttäuschungen wünscht
Mick