Obwohl ich nach der Dynax 9 zeitweise mit einer Nikon D1 fotografiert habe, konnte mich deren Bedien-Konzept nie richtig begeistern. Ich hoffte und wartete immer auf eine digitale Dynax 9, die für meine bevorzugten Arbeitsgebiete Landschaft und Architektur geeignet sein würde. Beim Erscheinen der Dynax 7D glaubte ich, dass die "Dynax 9D" bald folgen werde - inzwischen sind fast vier Jahre vergangen.
Seit 48 Stunden ist die lange erwartete alpha 900 bei mir. Das Warten hat sich gelohnt. Wer - wie ich - die Dynax 9 schätzen gelernt hat und die alpha 700 durch und durch kennt, wird die alpha 900 praktisch sofort voll in der Praxis einsetzen können.
Der erste Eindruck der alpha 900 - mit angesetzem Hochformat-Griff - ist der eines Profihammers: Voluminös, massig, robust, professionell. Das riesige Sucherprisma lässt die Kamera bullig wirken, und es sieht im direkten Vergleich weit besser aus als das designmässig etwas verunglückte Oberteil der Dynax 9. Zudem ist der a900-Sucher - ebenfalls im direkten Vergleich - nochmals grösser und heller als der eh schon hervorragende Sucher der Dynax 9.
Das Magnesium-Gehäuse der alpha 900 wirkt leichter und robuster als das Edelstahl-Gehäuse der Dynax 9. Die einzelnen Teile des Gehäuses sind wesentlich präziser zusammengesetzt als bei der Dynax 9. Dafür sind einige Knöpfe und Schalter, die bei der Dynax 9 aus Metall waren, nun aus Kunststoff. Im wesentlichen stört das nicht; einzig das Programm-Wahlrad macht einen etwas billigen Eindruck. Manche eingefleischte Dynax-9-Liebhaber werden das doppelte Wahlrad zur Belichtungskorrektur vermissen. Rein optisch gesehen stimme ich zu - in der Praxis ist diese Funktion bei der alpha 700/900-Serie sinnvoller gelöst: Man kann (und sollte) die Belichtungskorrektur auf das hintere Wählrad legen; damit ist man wesentlich schneller als mit der Dynax 9. Die Metalloberfläche ist nicht nur am eigentlichen Griff mit einem angenehmen Gummi überzogen, sondern (im Gegensatz zur Dynax 9) zusätzlich an drei weiteren Stellen: An der Daumenmulde sowie links und rechts des Kamerabajonetts. Damit liegt die Kamera wesentlich sicherer in der Hand als die Dynax 9, die mir unter erschwerten Umständen mehrere Male förmlich aus den Fingern flutschte und die sich dabei jedesmal das Edelstahgehäuse verbog. Eine deutliche Verbesserung also zugunsten der a900, zumal die Erfahrungen mit der a700 zeigen, dass ihr Magnesiumgehäuse wahrscheinlich robuster ist als das Edelstahlgehäuse der Dynax 9.
Das Bedienkonzept der a900 ist - zusammen mit der hohen Auflösung, dem Antishake/Steady Shot und dem Sucher - einer der grossen Pluspunkte im Vergleich zu anderen Profikameras. Wer von der a700 her kommt, kann praktisch 1:1 weiterarbeiten. Die zahlreichen Knöpfe und Schalter (an der a900 habe ich 26 gezählt, am Handgriff weitere 11) sind ergonomisch am richtigen Ort und - wenn man sich eingearbeitet hat - auch im Dunkeln problemlos zu bedienen.
Und nun einige erste Eindrücke zum eigentlich Wichtigsten: der Bildqualität .
Die ersten Stunden mit der Alpha 900 verbringe ich auf dem Gotthard-Pass, auf über 2000m ü M. Ein Hauch frischer Schnee, eisige Winde, Nebelfetzen, die über den Felsen huschen. Mit dabei zwei Uralt-Objektive, beide über 20jährig: Das Minolta 2.8/20mm und das Minolta 2.8/200mm APO. Schon die ersten Testaufnahmen sind eine einzige Befreiung: Endlich wieder ein "richtiges" Sucherbild, endlich wieder die "richtigen" Brennweiten ... Weite, Klarheit und Detailreichtum schon beim "Durchschauen"! Die Aufnahmen zeigen einen enormen Detailreichtum bis in die Ecken. Während ich dies beim 2.8/200mm APO eigentlich erwartet hatte, überrascht das 2.8/28mm positiv: kaum CA's auch in den Ecken, und abgeblendet durchaus bis in die Ecken scharf. Das 200mm überrascht insofern, als dass es selbst bei f2.8 und 24MP absolut scharf und kontrastreich bis an den Bildrand hin zeichnet; abblenden bringt kaum etwas. Voll vollformat-tauglich also - und das, obwohl mein Exemplar bereits mehrmals hart auf Fels geprallt ist und zumindest die Sonnenblende ziemlich verbogen ist.
Auch beim 1.4/50mm hatte ich Schlimmeres befürchtet. Trotz wesentlich grösserem Sensor ist die Bildqualität bei f1.4 auch am Bildrand kaum schlechter als an der a700 (sehr gute Auflösung, sehr niedriger Kontrast). Um allerdings den Kontrast in den Vollformat-Bildecken auf sehr gutes Niveau zu bringen, sollte man auf f5.6 abblenden (a700: f4.0).
Einige Portraitaufnahmen mit dem 135mm STF zeigen rasch, dass dieses Objektiv für Vollformat gebaut wurde. Das Handling ist an der voluminöseren "a900 mit Griff" weit angenehmer als an der a700, die ich immer ohne Griff benutzt hatte. Auch an der a900 kann man das 135mm STF bedenkenlos mit offener Blende einsetzen. Falls gewünscht harmoniert die Kombo auch perfekt mit dem Minolta Portayer S1.
Weitere Kurztests mit den Standard-Zooms der "Ofenrohr-Generation" zeigen, dass (wie schon an der a700) nur das 4-4.5/28-135mm überzeugen kann. Auch hier bleibt die von der a700 her bekannte sehr hohe Auflösung praktisch übers ganze Vollformat konstant; nur die äussersten Ecken lassen bei Offenblende und im Weitwinkelbereich etwas nach. Die anderen Zooms (4/35-70mm, 3.5-4.5/28-85mm, 3.5-4.5/35-105mm) haben eine geringere Auflösung und lassen in den Ecken stärker nach, ohne deswegen allerdings unbrauchbar zu sein. Generell leidet vor allem die Detailauflösung am Bildrand doch recht stark (auch abgeblendet), während der Kontrast relativ gut bleibt.
Der Konica-Minolta-Tamron-Klon 2.8-4/17-35mm - ein "digital optimiertes Objektiv", wohlgemerkt - zeigt da schon ganz andere Schwächen. Bei 17mm und offener Blende ist das Zentrum hervorragend, die Ecken aber schlicht katastrophal. Abblenden bringt eine gewisse Verbesserung, die Leistung am Bildrand bleibt aber deutlich hinter den alten Standardzooms zurück. Bei 20mm sieht es leicht besser aus, doch auch hier ist die Uralt-Festbrennweite 2.8/20mm am Bildrand haushoch überlegen (in der Bildmitte hat das 17-35mm einen besseren Kontrast bei ähnlicher Auflösung).
Zu guter letzt noch einige Worte zum 2.0/35mm. Das Objektiv ist selbst bei f2.0 praktisch bis an den Bildrand hin sehr scharf, wobei allerdings der Kontrast stärker nachlässt als bei APS-C. Abblenden auf f2.8 verbessert den Kontrast am Bildrand bereits massiv, doch für eine gleichmässige sehr hohe Leistung bis in die Bildecken sollte man auf f4 oder f5.6 abblenden.
Genug für heute - weitere Eindrücke folgen sukzessive
Gr Steve
BTW: Die aus Rohdaten konvertierten Fotos zeigen nochmals wesentlich mehr Auflösung als die Kamera-jpegs - was ja nach den Erfahrunegn mit der a700 auch zu erwarten war.
Bild 1: Grössenvergleich Minolta Dynax 9 und Sony alpha 900
Bild 2: Alte Superweitwinkel: 100% crops bei f8 direkt aus der a900. Oben links: MinAF 2.8/20mm (Zentrum), oben rechts: MinAF 2.8/20mm (Bildecke), unten links: KoMinAF 2.8-4/17-35mm (Zentrum), unten rechts: KoMinAF 2.8-4/17-35mm (Bildecke).