Kürzlich habe ich mir ein AF 1:2,8/28 mm beschafft, um den Gerüchten auf den Grund zu gehen, es sei unter den Minolta-AF-Festbrennweiten eine der schlechtesten und bestenfalls mit mittelprächtigen Zooms vergleichbar. Selten hat ein Objektiv seinem Ruf so grandios widersprochen wie dieses! Ich halte nunmehr das AF 1:2,8/28 mm seines schwachen Leumundes zum Trotz für ein ausgesprochen starkes Objektiv, welches die Rolle eines kleinen, leistungsstarken (wenn auch nicht allzu lichtstarken) Standardobjektives an APS-C-Kameras perfekt ausfüllen kann.
Ich habe es an der Dynax 7D verglichen mit dem AF 1:2/28 mm (erste AF-Generation) sowie folgenden, jeweils auf 28 mm eingestellten Zooms: AF 1:2,8-4/17-35 mm (D), AF 1:4/24-50 mm und AF 1:3,5-4,5/28-85 mm (ebenfalls erste Generation).
Das stärkste unter den genannten Zooms ist bei mir das AF 17-35 (D). Das hat mich überrascht, weil ich bei früheren Tests den Eindruck gewonnen hatte, es sei "ganz ordentlich", aber nicht begeisternd ... da kann man wieder einmal sehen, wie gefährlich es ist, sich nach nur einem "Test" ein Urteil bilden zu wollen. Tatsächlich ist dieses Objektiv bei 28 mm bei sämtlichen Blenden in der Bildmitte den Festbrennweiten absolut ebenbürtig, und der Schärfeabfall zum Rande ist so gering, daß er in der Praxis völlig unerheblich ist. Gut, bei voller Öffnung habe ich Blende 3,5 beim Zoom der Blende 2,8 bei den Festbrennweiten gegenübergestellt ... dieser kleine Vorteil sei dem Zoom gegönnt. Die anderen beiden Zooms hinken ein klein wenig hinterher, vor allem bei voller Öffnung. Insbesondere mein AF 24-50 scheint nicht so ganz in Ordnung zu sein, denn bei f/4 zeigt es ziemlich starke Überstrahlungen und als Folge davon einen schwachen Kontrast -- aber das bei durchaus hoher Auflösung. Abgeblendet auf f/5,6 holt es stark auf, so daß es mit dem AF 28-85 annähernd gleichauf liegt und den anderen Objektiven nur noch minimal unterlegen ist (minimal heißt, daß in 200-%-Ansicht bei genauem Hinsehen im direkten Vergleich der Unterschied gerade so erkennbar ist).
Enttäuscht bin ich von meinem AF 2/28 ... das scheint irgendwie einen Treffer zu haben. Trotz recht hoher Auflösung zeigt es bei voller Öffnung starke Überstrahlung und schwachen Kontrast, ganz ähnlich wie das AF 24-50. Bei f/2,8 wird's schon deutlich besser, aber immer noch nicht wirklich gut. Der Kontrastverlust ist bei f/2,8 am oberen Bildrand etwas stärker als am unteren. Ich vermute, der Vorbesitzer hat wohl an dem Ding herumgeschraubt ... vielleicht im eitlen Bemüh'n, ein Staubkörnchen zwischen den Linsen zu entfernen. Erst ab Blende 4 zeigt es die erwartete Leistung. Trotzdem -- wenn man nicht gerade die Pixel einzeln inspiziert, sondern das Bild als ganzes ansieht, ist die Bildqualität selbst bei voller Öffnung trotz der Überstrahlungen noch einwandfrei.
Beide Festbrennweiten verzeichnen genau gleich stark (bzw. schwach) tonnenförmig, und zwar in einem Maße, das selbst bei kritischen Motiven (Architektur) und genauem Hinsehen nicht ins Auge fällt. Man muß schon ein Lineal anlegen, um sie zu bemerken. Eine solche geringe, sozusagen unterschwellige tonnenförmige Verzeichnung ist für bildmäßige Aufnahmen eigentlich sogar vorteilhaft, weil sie erstens hilft, die Vignettierung zu reduzieren und zweitens einen natürlicheren, harmonischeren Bildeindruck hervorruft als ein perfekt verzeichnungsfreies oder gar kissenförmig verzeichnendes Objektiv.
À propos "verzeichnungsfrei": Die Verzeichnung des AF 17-35 (D) bei 28 mm auf APS-C beträgt exakt null Komma garnix. Unglaublich! Dieses Objektiv kann eine Standard-Festbrennweite selbst bei höchsten Ansprüchen an die Abbildungsleistung mühelos ersetzen -- in jeder Hinsicht außer der Lichtstärke. Aber immerhin das Zoom zumindest bei 28 mm voll offenblendetauglich; hier beträgt die Lichtstärke 1:3,5.
Die Verzeichnung der anderen beiden Zooms ist etwas stärker tonnenförmig als die der Festbrennweiten, aber immer noch gering. Bei sehr kritischen Motiven könnte sie so gerade eben störend in Erscheinung treten; in der Regel aber bleibt sie unerheblich. Noch eine Winzigkeit stärker -- und damit für meinen Geschmack am Rande des Akzeptablen -- ist die tonnenförmige Verzeichnung des AF-DT 18-70 (D) bei 28 mm (bei 18 mm ist sie sehr stark, bei 35 - 70 mm praktisch bedeutungslos).
Ich wollte eigentlich noch die Verzeichnungen einiger Weitwinkelzooms bei kürzeren Brennweiten testen, doch ständige Regenschauer machten mir leider (vorläufig) einen Strich durch die Rechnung.
Fazit: Sowohl das kleine, oft unterschätzte AF 2,8/28 als auch das ebenso oft als "Gurke" verschriene AF 17-35 (D) haben sich zu meiner Überraschung als kleine Juwelen mit sehr hoher Abbildungsleistung erwiesen. Das Zoom ist allerdings bereits mein zweites -- das erste Exemplar (neu vom Händler zum Ausverkaufspreis) war eher schwach, und so tauschte ich es um. Das im Austausch erhaltene ist nun richtig gut. Das erst kürzlich gebraucht gekaufte AF 2,8/28 befindet sich äußerlich in einem mittelprächtigen Zustand -- keine Schäden, aber viele leichte bis mittlere Gebrauchsspuren ... die Linsen sind allerdings tiptop. Es ist in keinster Weise selektiert, sondern ich habe einfach das erste beste genommen, das ich günstig kriegen konnte.
-- Olaf