Zitat von Dat Ei
Du hast ja selbst beschrieben, wohin das führt, wenn man die Bugs von Dritten erahnen und abfangen will, nämlich zu einem kaum mehr pflegbaren Code-Müllhaufen. Um sowas zu vermeiden, gibt es Standards und Specs.
Gut, echte Specs gab es bei DOS sowieso nie ;-) Was in den Büchern veröffentlicht
wurde, war ja leider nur die Spitze vom Eisberg und viel zu wage gehalten...
Microsoft bringt ja bis heute keine nach akademischen Maßstäben sauber
umrissenen Programmer's Specs auf den Markt... Zugegeben, die System-
Dokumentation von DR-DOS war auch nicht wirklich besser. Der Source von
DR-DOS ist allerdings trotz all dieser Hacks nach wie vor sehr gut lesbar.
Nur so waren auch in den letzten Jahren z.T. noch umfangreiche Erweiterungen
der Architektur möglich - die allerdings zum großen Teil aufgrund von Marketing-
Fehlern ungenutzt blieben... Aber das ist ein anderes Thema... ;-)
ZITATWenn ich mal eine andere Anwenderposition einnehmen darf: warum soll ich als Minolta-Kamera und Minolta-Objektiv-Kunde den Mehraufwand für die Kaschierung der Sigma-Unzulänglichkeiten mitbezahlen, nur weil einige Geld sparen wollten und Sigmas gekauft haben, die sehenden Auges auf die Entrichtung der Lizenzentgelte verzichtet haben?[/quote]
Warum? Nun, aus meiner Sicht deshalb, weil Vielfalt und Auswahl ein System
überhaupt erst interessant und reichhaltig macht und damit letztendlich das
Überleben des Systems gesichert wird. Eine second source kann nie schaden.
Ein SLR-Hersteller deckt ja nie alle Anwendungsfälle ab, die Lücken schließen
dann die Fremdhersteller. Manchmal gibt es natürlich auch Überschneidungen,
aber da kann man ja auch zum Original greifen.
Z.B. hätte ich mir zum jeweiligen Zeitpunkt sicherlich lieber Minolta-Objektive
als Sigma-Objektive gekauft, aber die Sachen, die mich damals interessiert
haben, gab es von Minolta überhaupt nicht. Und zum Teil hat sich das bis heute
nicht geändert.
Ich habe mir damals meine Objektive sehr genau ausgesucht und nicht einfach
nur das Nächstbeste oder Billigste genommen. Z.B. das 3,5-4,5/70-210mm Apo:
Da habe ich mich bewußt für Sigma entschieden, da das Teil optisch sehr viel
mehr hergab, als das 4,0/70-210mm von Minolta. Später gab es dann von
Minolta das 2,8/70-200 Apo, aber da hatte ich mein Sigma schon lange.
Das 4,0/35-70mm Aspherical hatte ich mir sogar von Minolta gekauft, war dann
aber sehr enttäuscht von der optischen Leistung (das Teil ist einfach nur
Durchschnitt) und habe mir dann später das Sigma 3,5-4,5/28-70mm HighSpeed
UC zugelegt, das mich bis heute überzeugt, wenn Lichtstärke nicht das Haupt-
kriterium ist. Mittlerweile gibt es sicherlich in Minoltas G-Serie erstklassige
Optiken, die ich mir z.T. auch noch zulegen werde, aber damals war da bei
den Zooms nicht viel zu holen. Mit dem 1,4/50mm bin ich nach wie vor sehr
zufrieden. Vor einiger Zeit brauchte ich ein sehr lichtstarkes Superweitwinkel,
von Minolta gibt's da nur das 2,8/20mm, also habe ich mir das 1,8/20mm von
Sigma besorgt. Bestimmt ist das in Punkto Schärfe etc. nicht gleichauf mit
dem Minolta, aber mir kam es bei diesem Teil eben auf Lichtstärke an und
da hat Minolta nichts im Programm.
Auf irgendwelche "Suppenzooms" kann man bei Sigma genauso verzichten
wie bei Minolta, aber denk' Dir einfach mal die ganzen /besonderen/ Linsen,
die Sigma im Laufe der Zeit auch mit M-AF Anschluß herausgebracht hat, weg.
Dann wäre das Minolta-System auf einen Schlag sehr viel ärmer und damit
unattraktiver.
Und wie gesagt, die Probleme, die es mit Sigma-Objektiven gibt, sind technisch
so geringfügig, daß es überhaupt keinen Grund gibt, warum eine Kamera damit
komplett die Zusammenarbeit einstellen sollte - es sei denn, der Hersteller
der Kamera hat Scheuklappen oder boykottiert bewußt Fremdzubehör. Aber
dann ist es IMHO kein verantwortungsbewußter /System/hersteller, sondern
nur ein weiterer Anbieter eines proprietären Systems, der sein Überleben nicht
mit überragender und damit überzeugender Leistung, sondern mit Geheimnis-
krämerei zu sichern trachtet (worauf ich gut verzichten mag).
Wenige Stunden Debug-Arbeit und ein paar angepaßte Kameraalgorithmen lassen
sich sehr kostengünstig auf die Menge der verkauften Kameras umlegen. Das sind
meiner Einschätzung nach nicht mehr als ein paar Cent pro Gehäuse, das finde
ich nicht zuviel...
Wie gesagt, ich kritisiere Minolta, aber ich kritisiere natürlich auch Sigma, daß
die, wenn sie schon nicht lizenzieren wollen, es nicht wenigstens schaffen,
astreines Reverse-Engineering zu leisten, wobei es für den Fremdhersteller
sehr viel schwieriger ist, die Funktion bestimmter ROM-Speicherzellen heraus-
zufinden, solange die Kameras (z.B. in frühen Kameragenerationen) nicht
ausgiebig davon Gebrauch machen und es genügend Referenzimplementationen
in Form von Originalobjektiven als Vergleichsbasis gibt. Minolta als Hersteller
der Kamera kann sozusagen Incircuit-Debugging betreiben, um die Fehler
exakt bis auf's Byte genau festzunageln, während Sigma nur herumstochern
und durch Analogieschlüsse versuchen kann, daraus Rückschlüsse auf das
Verhalten der Kamera bei bestimmten Datensätzen abzuleiten. Das ist sehr
viel schwieriger.
Viele Grüße,
Matthias