Liebe Mitglieder,
sicherlich ist der integrierte Fünf-Achsen-Bildstabilisator der neuen Sony ILCE-7M2 (Alpha 7 II) die wesentliche Neuerung dieser Vollformat-Kamera, ja sogar des gesamten Systems. Ich denke, wir können davon ausgehen, daß dieser Bildstabilisator zukünftig in allen größeren E-Bajonett-Gehäusen Einzug halten wird, ebenso wie in allen A-Bajonett-Gehäusen.
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Achse 1: Nicken - vertikale rotatorische Neigung (Pitch / "Y"-Tilt)Achse 2: Gieren - horizontales rotatorisches Verschwenken (Yaw / "X"-Tilt)Achse 3: horizontale Translation - Parallelverschiebung in horizontaler Richtung (Sway / X-Shift)Achse 4: vertikale Translation - Parallelverschiebung in vertikaler Richtung (Heave / Y-Shift)Achse 5: Rollen / Wanken - Rotation um die optische Achse (Roll)(Achse 6: Abstandsänderung - Parallelverschiebung vor- und zurück entlang der optischen Achse (Surge / Piston / Z-Shift))
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Der bisherige AntiShake bzw. SteadyShot in A-Bajonett-Gehäusen stabilisierte lediglich die Achsen 3 und 4, wohingegen objektivseitige Bildstabilisatoren in E-Bajonett-Objektiven die Achsen 1 und 2 stabilisieren.
Daß Sony überhaupt einen gehäusebasierten Bildstabilisator für E-Bajonett-Kameras herausbringt, ist so begrüßenswert wie verwunderlich, gibt es doch im E-Bajonett-Objektivsystem auch eine ganze Reihe von Objektiven, die selbst über eine optische Stabilisierung (OSS = Optical SteadyShot) verfügen - und von Sigma-A-Bajonett-Objektiven mit objektivseitiger Stabilisierung (OS = Optical Stabilizer) wissen wir, daß nicht beide Systeme gleichzeitig aktiv sein dürfen, da es sonst leicht passieren kann, daß die Kameraberschütterungen nicht kompensiert, sondern verstärkt werden. Wie also soll der Fünf-Achsen-Stabilisator mit Objektiven arbeiten, die über eine optische Stabilisierung verfügen?
Nun, anders als bei Sigmas System, das völlig autark im Objektiv arbeitet und lediglich die Stromversorgung von der Kamera benötigt (und deshalb nur mit Kameras mit acht Kontakten arbeitet), findet bei Sonys Lösung eine Kommunikation mit der Kamera statt - mit der Folge, daß der objektivseitige Stabilisator vom kameraintegrierten System mitverwendet werden kann, wenn dies zu einem besseren Ergebnis führt.
Man muß hier eine Reihe von Fällen unterscheiden:
E-Bajonett-Objektive ohne OSS
Die Stabilisierung für alle fünf Achsen (1, 2, 3, 4 und 5) geschieht über die Fünf-Achsen-Bildstabilisierung der Kamera.
Eine Ausnahme gilt für den Betrieb mit Frontkonvertern, die die Brennweite verändern (wie z.B. VCL-ECF1 und VCL-ECU1 für das SEL-16F28 und SEL-20F28 sowie VCL-ECF2? und VCL-ECU2? für das SEL-28F20). In solchen Fällen muß die resultierende Brennweite über das Brennweitenmenü der Kamera eingegeben werden (siehe weiter unten), und die Stabilisierung reduziert sich auf die Achsen 1, 2 und 5.
E-Bajonett-Objektive mit OSS
Im allgemeinen Fall übernimmt der OSS des Objektivs die Stabilisierung der Achsen 1 und 2, wohingegen die Achsen 3, 4 und 5 kameraseitig über den beweglichen Sensor stabilisiert werden.
Es gibt aber zwei Ausnahmen:
Die OSS-Objektive SEL-P1650, SEL-1855, SEL-18200LE und SEL-55210 benutzen ihren Stabilisator nicht, stattdessen übernimmt der kameraseitige Stabilisator die Stabilisierung aller fünf Achsen, so, als handelte es sich um Nicht-OSS-Objektive. Ob die Kamera diese Entscheidung automatisch aufgrund von im Objektiv hinterlegten Daten trifft oder ob es in der Kamera-Firmware eine festverdrahtete (und ggfs. nur durch Firmware-Updates erweiterbare) Ausnahmeliste mit diesen Objektiven gibt, ist noch nicht bekannt.
Von Sony selbst gibt es keine Frontkonverter für OSS-Objektive, aber sollten solche Objektive mit brennweitenverändernden Frontkonvertern von Fremdfirmen verwendet werden, so muß die resultierende Brennweite über das Menü der Kamera eingegeben werden, und das Gesamtsystem stabilisiert dann nur noch die Achsen 1, 2 und 5.
A-Bajonett-Objektive
Wie bei E-Bajonett-Objektiven ohne OSS arbeitet bei über LA-EA1, LA-EA2, LA-EA3 oder LA-EA4 gekoppelten A-Bajonett-Objektiven der Fünf-Achsen-Stabilisator in der Kamera. Die folgenden Fälle müssen dabei unterschieden werden:
Handelt es sich um ein Objektiv mit integriertem Entfernungsencoder (alle Objektive mit acht Kontakten gehören dazu, sofern diese direkt oder nur über achtpolige Telekonverter oder Zwischenringe betrieben werden und es sich nicht um xi-Objektive (siehe Anhang 2) handelt), so werden alle fünf Achsen (1, 2, 3, 4 und 5) stabilisiert. Das gilt auch für Sigma-Objektive mit OS, der aber vom Benutzer deaktiviert werden muß - alternativ dazu kann man auch mit Sigmas OS arbeiten, dann aber muß der kameraseitige Stabilisator deaktiviert werden. Generell kann man sagen, daß alle Objektive mit den Kennungen (D), SSM oder SAM über acht Kontakte verfügen, aber da Sony die Kennung (D) nicht übernommen hat, gibt es bei Sony auch eine ganze Reihe von Objektiven ohne diese Kennungen, die über acht Kontakte (und Entfernungsencoder) verfügen.
Handelt es sich um ein Objektiv ohne Entfernungsencoder (d.h. alle Objektive mit fünf Kontakten sowie alle xi-Objektive als auch achtpolige Objektive unter Verwendung von Telekonvertern, Zwischenringen oder Balgengeräten mit fünf Kontakten), das keinen speziellen Makromodus besitzt (oder dieser nicht aktiviert ist), so werden lediglich die Achsen 1, 2 und 5 stabilisiert. Unter den von Sony herausgegebenen Objektiven gibt es nur fünf Stück, die über keinen eingebauten Entfernungsencoder verfügen (SAL-16F28, SAL-20F28, SAL-28F28, SAL-135F28, SAL-500F80), bei Minolta und Konica Minolta betraf das alle Objektive, die kein (D) im Namen trugen.
Für den Fall, daß es sich um ein Objektiv mit aktiviertem Makromodus handelt (davon gab es zu Minolta-Zeiten sechs Stück (siehe auch Anhang 1), allesamt Objektive mit fünf Kontakten), so kann der Bildstabilisator dennoch alle fünf Achsen (1, 2, 3, 4 und 5) stabilisieren. Das gilt natürlich nicht für solche Exemplare dieser Objektive, die so modifiziert wurden, daß sie auch im Makro-Modus Autofokus unterstützen - diese werden dann nur in den Achsen 1, 2 und 5 stabilisiert (und ob dies dann auch im Makrobereich gut gelingt, muß noch getestet werden).
Sollten A-Bajonett-Objektive mit brennweitenverändernden Frontkonvertern (von Fremdfirmen) verwendet werden, so muß die resultierende Brennweite über das Menü der Kamera eingegeben werden, und das Gesamtsystem stabilisiert dann in jedem Fall nur noch die Achsen 1, 2 und 5.
Elektronisch adaptierte Fremdobjektive
Bei elektronisch adaptierten Fremdobjektiven muß man zwei Fälle unterscheiden:
Adapter, die das Objektivprotokoll des Fremdobjektivs mehr oder weniger komplett auf das E-Bajonett-Protokoll umsetzen (wie z.B. für Canon EOS-Objektive: Metabones EF-E Smart Adapter MB-EF-E-BM1/2/3/4, Metabones Speed Booster MB_SPEF-E-BM1/2, Deotech Techart Falcon EOS-NEX/II/III, King Mount Adapter EF-e (α, Viltrox Mount Adapter EF-NEX, commlite Mount Adapter CM-EF-NEX, oder z.B. für Contax G-Objektive: Deotech Techart (Golden) Eagle TA-GE1A/TA-GE1B/TA-GA2/TA-GA3) und solche, die einfach ein Objektiv fester Brennweite und ohne Entfernungseinstellung "simulieren" (wie z.B. viele nachträglich mit Chips versehene MF-Objektive, die für das A-Bajonett adaptiert wurden, aber auch z.B. die Sigma 1,6x AF Multi-Converter MD-MA und Ai-MA für Minolta SR- und Nikon-F-Objektive).
Im ersten Fall besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit, daß der Adapter auch im Objektiv vorhandene Entfernungsinformationen richtig umsetzt und ggfs. sogar eine Kommunikation mit einem möglicherweise im Objektiv vorhandenen Bildstabilisator. Aus Sicht der Kamera wäre ein solcherart adaptiertes Objektiv dann nicht von einem echten E-Bajonett-Objektiv zu unterscheiden; die Kamera könnte also auch alle fünf Achsen (1, 2, 3, 4 und 5) stabilisieren, ggfs. sogar unter Zuhilfenahme eines objektivseitigen Stabilisators (ansonsten sollte dieser, sofern vorhanden, wie oben beschrieben unbedingt ausgeschaltet werden). Zumindest aber können wir davon ausgehen, daß solche Adapter die Brennweite des angesetzten Objektivs richtig übertragen. Diese Information reicht schon, um kameraseitig eine Stabilisierung der Achsen 1, 2 und 5 zu ermöglichen. Welche der angesprochenen Adapter ggfs. mehr erlauben, müssen wir durch Tests herausfinden.
Das funktioniert auch mit "rechippten" MF-Objektiven fürs A-Bajonett, sofern die Chips die Brennweite des Objektivs korrekt wiedergeben (was in der Anfangsphase solcher Lösungen nicht immer der Fall war). Die Sigma 1,6x Mount-Konverter fallen ebenfalls in diese Kategorie, denn sie simulieren ein 50mm-Objektiv - sollte also ein Objektiv mit in etwa dieser Brennweite angeschlossen sein, sind diesbezüglich keine Probleme zu erwarten, vorausgesetzt, man bekommt diese Konverter überhaupt zusammen mit dem LA-EA4 mechanisch montiert (was noch getestet werden muß. Allerdings dürfte es in den meisten Fällen sowieso sinnvoller sein, Minolta SR- und Nikon F-Objektive direkt glaslos an E-Bajonett-Kameras zu adaptieren, um den in der Regel ungewünschten "Telekonverter-Effekt" zu vermeiden. Damit verliert man zwar Autofokus und die kameraseitige Einstellbarkeit der Blende, aber da es sich um einen fünfpoligen Adapter handelt, der sowieso keine Entfernungsinformationen zur Verfügung stellt, verliert man in Sachen Bildstabilisierung nichts: Es werden so oder so nur die drei Achsen 1, 2 und 5 stabilisiert.
Entspricht die übermittelte Brennweite nicht der tatsächlchen Brennweite des Objektivs, muß diese kameraseitig eingestellt werden (das gilt auch in Verbindung mit Frontkonvertern).
Rein mechanisch adaptierte Fremdobjektive
Die effektive Brennweite des Objektivs (inkl. ggfs. vorhandener Konverter) muß kameraseitig eingestellt werden. Das Menü der Kamera bietet hier in Stufen Brennweiteneinstellungen zwischen 8mm und 1000mm an. Die Kamera kann dann die Achsen 1, 2 und 5 stabilisieren.
Viele Grüße,
Matthias
Anhang 1: Minolta A-Bajonett-Objektive mit Makro-Schalter:
Minolta AF Macro Zoom 3,5-4,5/28-85mm (2552-100, 2552-610)Minolta AF Macro Zoom 4-4,5/28-135mm (2553-100, 2553-600)Minolta AF Macro Zoom 4/35-70mm (2551-100, 2551-610)Minolta AF Macro Zoom 3,5-4,5/35-105mm (2554-100, 2554-600, 2554-610)Minolta AF Macro Zoom 4-5,6/28-80mm New (2633-110, 0-43325-43731-1)Minolta AF Macro Zoom 3,5-4,5/28-85mm New (2586-110, 2586-610, 0-43325-43661-1)
Anhang 2: Minolta A-Bajonett Objektive der xi-Serie:
Minolta AF Zoom xi 4-5,6/28-80mm (2618-???)Minolta AF Zoom xi 3,5-4,5/28-105mm (2615-???) (Variofokus-Konstruktion mit AF-Ausgleich)Minolta AF Zoom xi 4,5-5,6/35-200mm (2616-110, 2616-610, 0-43325-43561-4) (Variofokus-Konstruktion mit AF-Ausgleich)Minolta AF Zoom xi 4,5-5,6/80-200mm (2619-???)Minolta AF Zoom xi 4,5-5,6/100-300mm (2621-110)Minolta AF Power Zoom 4-5,6/35-80mm (2624-110)