Hallo Simon
Die Antwort kommt spät, aber ich hoffe du liest sie noch!
Eine schöne Kamera ist die SRT 303, und bestimmt auch deine. Nach deinem Beitrag scheinen da zwei Probleme zu sein:
Die langsamen Zeiten funktionieren nicht: Alte Kameras sind wie junge Hunde - man muss jeden Tag raus mit ihnen, denn sie brauchen Bewegung! Wahrscheinlich hat dein Onkel die SRT lange nicht mehr benutzt. Die Mechanik kann dann schwergängig werden. Die beiden Verschlussvorhänge des Tuchschlitzverschlusses werden mit Federkraft bewegt. Diese Federn werden beim Spannen mit dem Transporthebel aufgezogen und gespannt. Wenn du auslöst, dann öffnet der 1.Vorhang den Weg für das Licht zum Film und der 2.Vorhang verschliesst ihn nach der von dir an der SRT eingestellten Zeit. Das hast du sicher bei geöffneter Rückwand gut erkennen können. Nach langem Liegen gelingt dies bei den längeren Zeiten oft nicht mehr - gerade dem 2.Vorhang scheint irgendwie der Wumms zu fehlen und er bleibt auf halber Strecke stehen. Und der hochgeklappte Spiegel kommt auch nicht runter, sondern alles erst wenn du wieder spannst.
Die erste Maßnahme ist daher: viel Bewegung! Nimm dir die Kamera, stell die längstmögliche Zeit ein, in der alles funktioniert, und dann immer wieder spannen und auslösen, spannen und auslösen. In Ruhe, aber mit etwas Ausdauer! Nach einiger Zeit wählst du die nächstlängere Zeit und machst damit weiter. Mit etwas Glück kriegst du sie wieder gelenkig und geschmeidig. Sei nicht ungeduldig, das kann dauern. Es gibt Menschen, die empfehlen die Kamera vorsichtig zu erwärmen. Das würde ich nicht machen! Sie muss bei Raumtemperatur funktionieren - mit Fön oder Backofen pustet man nur Staub hinein oder bringt Schmieröle zum wandern und Dichtungen zum leiden.
Wenn das alles nichts hilft, kann man die SRT unterseits öffen und die Federspannungen an 2 Einstellschrauben nachstellen. Dann kann ich dir Fotos und die Anleitung geben. Vielleicht klappt es ja so (bei mir musste ich auch zweimal eine alte SRT nachspannen).
Die Batterie für den Belichtungsmesser: Ich habe es mit meinen SRTs immer so gehalten, daß sie ganz normale 1,5V Knopfzellen oder auch mal 1,5V Silberoxidzellen bekommen. Natürlich haben die eine höhere Spannung als die alten 1,35V Quecksilberbatterien, aber in meinem "fotografischen Alltag" macht das gar nichts. Mit ca. 10% mehr Spannung bei frischen Batterien zeigt der Belichtungsmesser vielleicht keinen absolut richtigen Wert an, aber die totale geeichte Genauigkeit ist auch nicht so relevant, wenn die anderen Elemente nicht genauso exakt arbeiten. Ich weiß bei meinen SRTs nicht ob z.B. die mechanisch gebildeten Zeiten der Verschlusszeitensteuerung stimmen. Ob da statt eines 1/60 nun eher 1/66 oder 1/54 (also auch 10% Normabweichung) ablaufen oder nur ein 1/900 statt einem 1/1000 - raushören oder sehen kann ich das nicht und aufwändig messen will ich das nicht.
Das gilt für die Blendensteuerung entsprechend: Schließt sich die Blende wirklich auf den Wert f/8 oder bleibt die Öffnung 10% grösser oder wird 10% kleiner, weil die Kamera und/oder das Objektiv ungenau arbeiten?
Wenn also bei deiner SRT alle Zeiten wieder funktionieren und der Belichtungsmesser mit einer 1,5V Batterie versorgt ist, dann empfehle ich dir einen ersten Film mit folgendem Test zu füllen:
Filmempfindlichkeit (ASA/ISO) nach Filmangabe einstellen. Ein helleres Motiv auswählen und Zeit und Blende nach Angabe des Belichtungsmessers (Zeigerausschlag im Sucher) einstellen und mehrere Bilder davon machen - zuerst 1/1000 bei Blende 2. Dann 1/500 bei Blende 2,8, dann 1/250 bei Blende 4, 1/125 bei Blende 5,6, 1/60 bei Blende 8, 1/30 bei Blende 11 und 1/15 bei Blende 16. Wenn du kein Objektiv mit Blende 2 o.ä. hast, dann fängst du eben mit der kleinsten Blendenzahl deines Objektives an. Das selbe Vorgehen nochmal mit einem anderen Motiv, vielleicht etwas dunkler. Dann wirst du auch die langen Zeiten benutzen müssen. So erhältst du eine Reihe von Bildern, die alle mit der gleichen Menge Licht belichtet wurden und daher gleich hell sein müssen. Sie sind vielleicht teilweise unscharf oder verwackelt, aber darum geht es jetzt nicht. Gut geeignet ist ein Diafilm, aber teurer. Sonst geht auch ein Schwarzweißfilm oder zuletzt ein Farbfilm. Sind die Negative deiner Bildserie alle gleich hell? Und die Abzüge, also die Papierbilder auch (natürlich nicht beim Diafilm)? Wenn ja, dann funktionieren die Zeitensteuerung und die Blendensteuerung gleichmäßig - und das ist das Wichtigste.
Wenn dir die Bilder nun alle zu dunkel vorkommen (dann hat vielleicht die höhere Spannung der Batterie den Belichtungsmesser dazu gebracht dir eine zu kurze Belichtungszeit vorzugeben. Aber nur vielleicht, denn es können auch die Zeiten- oder Blendensteuerung schuldig sein) - dann stellst du einfach eine andere Filmempfindlichkeit ein. Für einen ISO 200 Film nimmst du einfach ISO 100 oder einen Drittelwert (kleine Striche zwischen den Zahlen) daneben, das ist ISO 125. Dann bekommt dein Fim mehr Licht und die Bilder werden heller. Bei zu hellen Bildern geht es genau andersrum.
Ich finde, daß für ein foto-technisch gut gemachtes Bild alle Einstellparameter harmonisch und gleichmäßig zusammen arbeiten müssen. Ob sie dabei 100% genau sind, ist mir egal. Vielleicht heben sich ihre Abweichungen gegenseitig auf - und wenn nicht, dann korrigiere ich über die Einstellung der Filmempfindlichkeit. Und die Batteriespannung prüfe ich ab und an mit der Prüftaste, mehr braucht es eigentlich nicht. Ich möchte damit anderen Meinungen und Lösungsvorschlägen nicht zu nahe treten, aber ich bin ganz pragmatisch vorgegangen und habe selbst auf Dias keine Probleme gehabt.
So, das ist doch recht lang geworden. Simon, hoffentlich hilft es dir - die Kamera hat es allemal verdient.
Freundliche Grüße
Michael Büttner