RE: Minolta CLE: Autodynamischer Slow Rear Sync-Blitz

#1 von matthiaspaul , 03.02.2009 04:25

Liebe Fans der Minolta CLE.

Bei Stephen Gandy habe ich einen interessanten Kniff für spezielle Blitzaufnahmen mit automatisch gesteuerter Langzeitbelichtung und Synchronisation auf den zweiten Verschlußvorhang gefunden, der in dieser Form wohl nur mit der Minolta CLE möglich ist.

Im Abschnitt "CLE-Blitz-Abenteuer" beschreibt Jim Williams eine Vorgehensweise, die im Grunde aus einer Kombination aus Langzeitbelichtung (slow sync) und Synchronisation auf den zweiten Verschlußvorhang (rear sync) besteht, wobei die CLE letzteres offiziell gar nicht anbietet. Das Ganze hebt sich dabei insofern vom normalen Prozedere etwa bei einer Spiegelreflexkamera ab, als daß die Minolta CLE sowohl das Dauerlicht als auch das Blitzlicht während der Aufnahme direkt ab Filmebene mißt und dabei in Zeitautomatik die Verschlußzeit in Echtzeit den tatsächlichen Lichtverhältnissen während der Aufnahme anpassen kann. Mit anderen Worten, in Zeitautomatik wird die Verschlußzeit nicht bereits vor dem Auslösen festgelegt (wie man das von anderen Kameras her kennt), sondern ergibt sich erst während der Belichtung selbst. Die Minolta CLE mißt dabei mit einer Variante der mittenbetonten Integralmessung, die die untere Bildhälfte besonders stark wichtet.

Um Langzeitbelichtungen mit Blitzlicht zu kombinieren, muß man zunächst mal die "F2"-Leitung zwischen Blitzschuh und -fuß unterbrechen, damit die Kamera bei angeschlossenem Blitzgerät nicht auf die viel kürzere X-Blitzsynchronzeit umschaltet. Filmempfindlichkeit, Blende und Motivbeleuchtung müssen so gewählt werden, daß die Kamera in Zeitautomatik Zeiten findet, die keinesfalls kürzer als die X-Blitzsynchronisationszeit sind. Weiterhin, um nun ein Auslösen des Blitzes direkt nach dem Aufgehen des ersten Verschlußvorhangs zu verhindern, muß auch der Mittenkontakt "F1" unterbrochen werden. Das Quittungssignal TTL-OK "F3" von der Kamera zu Blitz bleibt jedoch ebenso bestehen wie die Masseverbindung. Bei diesem Setup wird ein manuell über die "TEST"-Taste des Blitzgerätes ausgelöster Blitz immer noch nach Erreichen der korrekten Blitzbelichtung über die TTL-OTF-Messung der Kamera abgeschaltet, obwohl die Kamera ansonsten gar nicht mehr mitbekommt, daß überhaupt ein Blitzgerät angeschlossen ist.

Jim Williams nahm auf diese Weise z.B. Bewegungsstudien von Tänzerinnen auf, bei denen ein unscharfes, aber stimmungsvolles Bewegungsbild von einem scharfen Blitzfoto im absoluten Höhepunkt der Bewegung überlagert wird. Im abgedunkelten Raum löste er die Kamera dafür in Zeitautomatik aus und verfolgte während der Belichtung das Geschehen im Sucher (was so nur mit einer Meßsucherkamera möglich ist), um dann im richtigen Moment den angeschlossenen Blitz über den TEST-Knopf auszulösen.
Bei Erreichen der richtigen Lichtmenge auf dem Film schickt die CLE nun nicht nur (über die oben beschriebene "F3"-Leitung) das Stoppsignal zum Blitz, sondern beendet auch gleich die Langzeitbelichtung, indem der zweite Verschlußvorhang sich schließt - schließlich ist das Bild durch das Blitzlicht in diesem Moment exakt richtig belichtet worden, mehr Licht ist nicht mehr nötig.
Da der TEST-Knopf einfach nur einen Kurzschluß zwischen Mittenkontakt und Masse erzeugt, kann man damit auch mehrere Blitzgeräte gleichzeitig auslösen, die über die Minolta-Kabel kaskadiert wurden.

http://www.cameraquest.com/cle.htm
ZITATCLE Flash Adventures by Jim Williams

[...]
Thanks to the fact that it used off-the-film metering for both ambient light and flash, the CLE was capable of some great flash tricks that would be very difficult, if not impossible, with almost any other camera.

For example, I used to shoot controlled blur-plus-flash action shots, fully automatically, via the following trick:

I'd set up my two 360PX units, joined by an "extra-long" Cable CD I had made by cutting off the ends of the Minolta cable and splicing in about 20 feet of four-conductor telephone cord. One of the units would go on a light stand, the other on the camera.

First, though, I'd prepare the camera by putting a strip of masking tape in the flash shoe, so it covered the sync (center) and flash-ready (left) terminals, but NOT the TTL (right) terminal.

Then I'd dim the room lights and tell the model (usually a ballet dancer) to start moving. With the flash-ready terminal taped over, the CLE's auto exposure system would set a long shutter speed appropriate for the ambient light. I'd watch the action through the viewfinder during exposure (impossible on an SLR, of course!

When I saw exactly the peak action I wanted, I'd press the "test" button on the camera-mounted flash. Both flash units would fire; the TTL system would control them for correct flash exposure; and the sudden burst of light would terminate the ambient-light exposure immediately afterward!

The result would be a long, liquid-looking blur terminated by a sharp flash image of the exact pose I had chosen. Slick, huh? No, you can't do this with "second-curtain sync" because you don't have exact control over WHEN the flash exposure is made. But with the CLE, it was a cinch![/quote]
Mit einer Spiegelreflexkamera kann man zwar auch Langzeitbelichtungen durchführen und - bei neueren Modellen - auf den zweiten Verschlußvorhang synchronisieren, aber selbst mit dem final check-System einiger Minolta-Manuell-Fokus-Gehäuse erfolgt die Messung des Dauerlichtanteils nicht während der Belichtung, sondern nur bis unmittelbar vor die Belichtung. Und da der Höhepunkt bei dieser Art Aufnahmen zeitlich kaum präzise vorherbestimmbar ist, läßt sich der gleiche Effekt kaum sicher durch eine normale Langzeitaufnahme mit Synchronisation auf den zweiten Verschlußvorhang erreichen. Eine Zeitautomatik "mit offenem Ende" ist meines Wissens mit den Minolta-SLRs nicht möglich; man könnte höchstens versuchen, das Ganze im BULB-Modus nachzubilden, müßte dann aber auf die automatisch richtige Belichtung des Dauerlichtanteils verzichten. Unter der nicht notwendigerweise gegebenen Voraussetzung, daß der Dauerlichtanteil in jedem Fall so schwach ist, daß die manuell gesteuerte Zeit recht unkritisch ist, könnte man immerhin aus dem TTL-OK-Signal der Kamera ein Signal ableiten, das einen externen elektronisch gesteuerten Auslöser im BULB-Modus sofort wieder öffnet. Ein solches System ließe sich z.B. noch mit der Minolta 9000 AF realisieren, wo das TTL-OTF-Blitzlichtsystem auch dann arbeitet (und die Signale am Blitzschuh abgegriffen werden könnten), wenn überhaupt kein Blitz angeschlossen ist. Aber bei dieser Methode hätte man keine Garantie dafür, daß auch dann wenigstens noch eine richtig belichtete Aufnahme entsteht, wenn man den TEST-Knopf mal nicht drückt, und während der Aufnahme ließe sich die Szenerie auch nur außerhalb des Suchers beobachten. Meines Wissens gab es überhaupt nur ganz wenige SLRs, die Dauerlicht auch noch während der Belichtung maßen, darunter einige Olympus OM-Modelle mit ihrer auto-dynamischen Meßsteuerung (ADM) und die Pentax LX mit ihrem integrierten Direkt-Meßsystem (IDM). Auch die Minolta CLE gehört also, wie wenig bekannt ist, zu dieser raren Spezies von Kameras. (Siehe auch: http://www.dyxum.com/dforum/forum_posts.as...D=450449#450449) Bei der Minolta X-700 und X-500, die nach der Minolta CLE erschienen und ebenfalls über Autoflash-Direktmessung (TTL-OTF) verfügten, saß die Fotozelle für die Dauerlichtmessung leider im Prismengehäuse, so daß trotz final check-System während der Belichtung nur der Blitzlichtanteil gemessen wurde. Die Minolta 9000 AF ist das einzige Minolta-SLR-Gehäuse mit TTL-Blitzlichtmessung, bei dem die Meßzellen für die Dauerlichtmessung nicht im Suchergehäuse, sondern unten im Spiegelkasten liegen (was z.B. auch Vorteile in Verbindung mit Shift-Objektiven und mit Mattscheiben mit Schnittbildindikator hat). Weiterhin sind das dieselben Meßzellen, die während der Belichtung auch für die TTL-OTF-Blitzlichtmessung ab Filmebene verantwortlich zeichnen. Die gleiche Konstruktion kombinierter Meßzellen im Spiegelkasten findet sich übrigens auch bei der Pentax LX und der Nikon F3, mit dem gravierenden Unterschied, daß weder die LX, noch die F3 Spotmessung beherrscht - die Minolta 9000 AF allerdings auch nur für Dauerlicht. Daneben ist die 9000 AF auch das einzige AF-Gehäuse in unserem System, bei dem auch mit System-Objektiven eine Arbeitsblendenmessung bis unmittelbar vor die Aufnahme möglich ist (durch Drücken des Abblendtasters vor dem Auslösen), wobei die Kamera während der Belichtung zwar neben dem Blitzlicht auch den schwächeren Dauerlichtanteil mitmißt, aber nur das Blitzlicht regelt, nicht die Verschlußzeit der Kamera noch während der Belichtung anpassen kann.

Viele Grüße,

Matthias

EDIT: Vgl. auch: http://www.mi-fo.de/forum/viewtopic.php?t=20917
http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...st&p=250386
http://www.mi-fo.de/forum/viewforum.php?f=189
http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...st&p=246368


"All the important human advances that we know of since historical times began
have been due to individuals of whom the majority faced virulent public opposition."
--Bertrand Russell

http://www.mi-fo.de/forum/viewtopic.php?t=13448 (Minolta Forum Thread Index)


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