Von Brennweiten & Tieren (copyright M. Erne)
Ich möchte zu diesem interessanten Thema gerne meine persönlichen Erfahrungen beisteuern!
Ich habe mit einem Tokina ATX 80-400mm meine Tierfotografie begonnen, bin dann bei einer 300mm f/4 Festbrennweite mit 1,4x und 2x Originalkonvertern gelandet, und habe mir dann nach einem Systemwechsel ein 100-400mm "Antiwackel" Zoom zugelegt. Vor kurzem kam auch noch ein 1,5x TK dazu, wenn man doch noch "extra" Reserven braucht.
1) In erster Linie sind die meisten unscharfen Telebilder auf Verwacklung durch den Benutzer und nicht schlechte Objektive zurückzuführen! Daher braucht man eigentlich auch ein gutes Stativ! Wenn man etwas flexibler und beweglicher sein möchte, wenigstens ein Einbeinstativ! => Und natürlich viel Übung!
2) Schnelle Verschlußzeiten bedeuten scharfe Bilder! Erreichen kann man das zum einen durch lichtstarke Objektive, zum anderen durch "schnelle" bzw. empfindliche Filme (z.b. Provia 400F), oder durch die individuell verstellbare ISO-Empfindlichkeit an einer Digitalkamera.
3) Ein Zoom ist sowohl in der Ausschnittsgestaltung, als auch in der Handhabung deutlich flexibler eine Festbrennweite. Das bedeutet für das Zoom einen großen Vorteil bei der Bildgestaltung!
4) Eine Festbrennweite hingegen löst im direkten Vergleich sichtbar mehr Detail auf und erbringt in der Regel einen höheren Kontrast. Vergleicht man ein Zoom und eine Festbrennweite direkt, so ist der Unterschied wirklich deutlich sichtbar. Aus einem Haufen verschiedenartiger, guter Bilder erkennt man aber nicht zwangsläufig, welches mit einem Zoom oder einer Festbrennweiten gemacht wurde.
5) Brennweiten von 300-400mm eignen sich eigentlich nur für größere Tiere, außer wenn das natürliche Fluchtverhalten der Tiere durch besondere Einflüsse anders ist (=> Zoos, Parks etc.) und man sich leichter als natürlich heranpirschen kann.
6) Besonders für kleine Vögel (z.b. Amseln, Meisen etc.) braucht man deutlich längere Brennweiten als 400mm.
7) In kniffeliger Aufnahmesituation empfand ich es extrem lästig einen Konverter anzusetzen oder auszutauschen um den Bildausschnitt zu optimieren. Oft habe ich dadurch ein Bild (oder mehrere) verloren!
8) Es ist extrem wichtig auf die Fokussiergeschwindigkeit und –genauigkeit zu achten. Dieses ist immer eine Funktion von Kamera UND Objektiv.
Es ist empfehlenswert den schnellsten AF-sensor (meistens Mitte) zu aktivieren.
Beim Kauf eines Objektives darauf achten, daß ein Objektiv (auch Zooms) entweder interne Fokussierung (=IF) oder ein fokussierendes Hinterelement besitzt (=RF). Dreht die Frontlinse mit kann man von einer relativ langsamen Fokussiergeschwindigkeit ausgehen.
9) Ob Zoom oder Festbrennweite ist Geschmackssache und ein Zoom bietet, meiner Meinung nach, besonders für Amateure einen sehr guten Kompromiss.
Welches "Amateur" Zoom soll man nun wählen?
Das Tokina ATX 80-400m ist z.b. ein günstiger, guter Allrounder und in fast allen gängigen Anschlüssen erhältlich, aber es hat einen relativ langsamen AF, da das Frontelement mitdreht. Das stellt kein Problem bei ruhenden oder statischen Motiven dar, wohl jedoch bei Tieren in Bewegung. Es ist sehr interessant für die digitale KonicaMinolta Dynax 7D, die eine "Antiwackelvorrichtung" in der Kamera hat. Dadurch, und durch die pro Aufnahme verstellbare ISO-Empfindlichkeit, kann die "schwächere" Lichtstärke des Zooms ausgeglichen werden.
Im Vergleich zu einer Festbrennweite bemerkt man einen leichten Schärfeabfall bei 400mm, jedoch bis 300mm ist es gemessen am Preis aber wirklich sehr gut! Achtung, die Version MK I (ohne Stativschelle ist etwas besser, aber braucht einen Chipupgrade für einige neuere Kameras mit Entfernungsmessung, wie z.b. Minolta Dynax 5, 7 & 7D).
Jeweils von Sigma "EX" und Tokina "ATX" ist ein 100-300mm f/4 erhältlich. Diese sind schon recht groß, schwer und auch nicht mehr ganz billig. Durch die Lichtstärke kann man teilweise noch mit Konvertern (z.b. 1,4x TK) den Brennweitenbereich verlängern.
Das Sigma EX 50-500mm. Hat RF (rear focus)! Möglicherweise ein sehr interessantes für die digitale Minolta Dynax 7D, die eine "Antiwackelvorrichtung" in der Kamera eingebaut hat. Dadurch, und durch die pro Aufnahme verstellbare ISO-Empfindlichkeit, kann die "schwächere" Lichtstärke des Zooms ausgeglichen werden. Von Bildbeispielen, die ich bisher gesehen habe, leite ich ab, daß die Abbildungsleistungen des Zooms durchaus auf professionellem Niveau liegt.
OEM Herstelller 80/100-400mm, die Abbildungsleistung ist möglicherweise nicht ganz so gut bei 400mm.
Sigma EX 100-300mm f/2,8 und Sigma EX 300-800mm; beide sehr interessant, aber auch sehr groß, sehr schwer und teuer!
Welche Festbrennweite für Natur-/Tierfotografie?
Finger weg von 500/600mm Spiegelobjektiven, davon bin ich persönlich gar kein Fan! Da die Blende nicht frei gewählt werden kann, kommt es bei der Anwendung zu Einschränkungen, besonders da sie meistens nur f/8 anbieten. Highlights, die sich als Donuts (Kringel) darstellen stören möglicherweise bei der Bildbetrachtung. Manchmal allerdings kann gerade dieser Effekt auch gestalterisch eingesetzt werden.
Ein OEM Hersteller AF 300mm f/4 ist bei allen Marken vom Preis/Leistungsverhältnis in Verbindung mit den beiden Originalkonvertern die optimale "Eintrittskarte" zur Tierfotografie. Schneller und genauer AF (mit 1,4x TK) und eine tolle Schärfe sowie guter Kontrast sorgen für tolle Bildergebnisse! Mit dem 2x TK’s kann man meistens nur manuell fokussieren, stellt aber nicht unbedingt ein Problem dar.
Das bereits ältere Sigma 400mm f/5,6 APO Macro ist recht günstig, aber mit f/5,6 eher lichtschwach. Es ist gut geeignet für größere Vögel (z.b. Reiher, Gänse) im Flug. Es ist nicht unbedingt für Kameras der neusten Generationen geeignet, da nicht alle Kamerafunktionen von Objektivchip weitergeleitet werden. Es gibt Berichte, daß ältere dieser Objektive z.b. für Canon nur noch bedingt nachgerüstet werden können.
Ein OEM AF 400mm f/4, 4.5 oder 5,6 ist etwas teurer, aber für den Amateur noch "machbar"! Funktioniert auch hervorragend noch mit 1,4x TK.
Sigma/Tokina/Tamron/OEM AF 300mm f/2,8. Alle sind groß, schwer und schon recht teuer, aber auch sehr gut. In jedem Falle braucht man noch die passenden Konverter dazu, dann hat man aber auch schon sehr gute Abbildungsleistungen.
Brennweiten > 500mm (z.b. 600mm) sind extrem teuer und unhandlich. Dieses ist und bleibt Werkzeug für echte Spezialisten (und Wohlhabende). Ab 600mm Brennweite kann man sich auch leichter mit kleiner Vögeln beschäftigen. Ein (sehr teures) stabiles Stativ mit entsprechendem (teurem) Kopf wird zur Pflichtübung!
Toll ist das Sigma 500mm f/4,5 EX, da es für einen Amateur noch gerade eben finanzierbar ist. Die optischen Leistungen sind tadellos!
Schlußwort:
Ein Jeder muß (leider) für sich selbst herausfinden, was am besten zu seiner/ihrer Art der Fotografie paßt, Zoom oder Festbrennweite.
Generell entscheidet der Geldbeutel über die Güte der Objektive (Ausrüstung). Gute Ware kostet leider immer etwas mehr!
Wer "schnelle" und bewegliche Tierfotografie betreiben will, der ist wahrscheinlich mit einem Zoom bestens bedient!
Wer gerne auf der Lauer liegt, viel Zeit und Geduld mitbringt, sich gut anpirschen kann oder gar mit einem Tarnzelt im Feld unterwegs ist, der mag wohl lieber eine Festbrennweite wegen der besseren Bildergebnisse.
Aus eigner Erfahrung werde ich bis ins Rentenalter warten um mir wieder eine Telefestbrennweite anzuschaffen, falls ich sie dann noch brauche. Ich finde, man sollte schon genügend Zeit und Gelegenheit haben ein so extrem teures Objektiv auch in der Praxis ausgiebig zu benutzen...
Gutes Licht!
PS:
Über Kommentare zu diesem Artikel würde ich mich freuen... clover
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Gruß,
Marcus