Bruno Labarbere von Focus Numeriques hat ein interessantes Interview mit Naoki Miyagawa, dem jungen Entwickler des hervorragenden E-Bajonett-Objektiv Sony Carl Zeiss Sonnar T* FE 1,8/55mm ZA (SEL-55F18Z), geführt:
http://www.lesnumeriques.com/objectif/renc...ment-a1818.html
Ein paar Auszüge aus dem Interview versuche ich mal inhaltlich wiederzugeben:
Naoki Miyagawa ist erst 30 Jahre alt, wurde von Sony frisch von der Uni verpflichtet und arbeitet in Sonys Optical Design Department 2. Er war dort für das optische Design des SEL-55F18Z verantwortlich. Daneben hat er auch am SAL-1650 und SEL-70200G gearbeitet, bevorzugt nach eigener Aussage allerdings Festbrennweiten. Als persönlichen Ansporn und Vorbild sieht er das STF (SAL-135F28).
Er erklärt, daß das Sony E 1,8/35mm (SEL-35F18), das Sony Carl Zeiss Sonnar T* FE 2,8/35mm ZA (SEL-35F28Z) und das Sony Carl Zeiss Sonnar T* FE 1,8/55mm ZA (SEL-55F18Z) auf ein ähnliches optisches Grunddesign zurückgehen.
Es hätten verschiedene Typen zur Auswahl gestanden, u.a. ein Planar-Design (1896 von Paul Rudolph) mit Doppel-Gauss-Gruppen, das aber den generellen Nachteil hätte, daß sich aufgrund des fast symmetrischen Aufbaus während der Fokussierung alle Linsen gleichzeitig bewegen müssen (Formen der Auszugsfokussierung), und daß es dazu neige, Streulicht einzufangen.
Deshalb hätte er letztlich ein Sonnar-Design gewählt, ein vom Ernostar abgeleiteten Typ, das 1930 von Ludwig Bertele bei Zeiss entworfen wurde. Sonnare ermöglichten Konstruktionen mit Innenfokussierung und neigten dazu, Streulicht nach außen wegzuleiten und resultierten so in besserem Mikrokontrast und Auflösung im Vergleich zu Planaren. Problematisch sei lediglich, daß Sonnare typischerweise eher für kurze Auflagemaße geeignet seien, was in einem Objektiv für das E-Bajonett mit seinem Auflagemaß von 18mm jedoch kein Problem darstelle (fürs A-Bajonett aber sehr wohl). Nach viel Optimierungsarbeit sei es ihm gelungen, das SEL-55F18Z auf ein Niveau zu bringen, das mit dem Zeiss Otus Apo Distagon T* 1,4/55mm vergleichbar wäre - nur viel kleiner, günstiger, mit Autofokus, aber eine halbe Blende weniger lichtstark. [Siehe auch: http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...st&p=303949]
Darauf angesprochen, warum das SEL-55F18Z ein "Carl Zeiss"-Label trüge, wenn doch er derjenige sei, der für die optische Rechnung verantwortlich ist, antwortete er, daß die Ingenieure von Carl Zeiss ihnen im Rahmen der Geschäftsbeziehungen durch ihre Erfahrungen auf dem Gebiet der Qualitätskontrolle viel geholfen hätten. Die Leute bei Sony seien zwar als Japaner schon gewissenhaft, aber die Deutschen seien noch viel pingeliger auf diesem Gebiet. [Diesbezüglich siehe auch: http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...st&p=303926]
Er führt weiter aus, daß Sony bei der Entwicklung der Objektive sehr auf die Auflösung und das Bokeh achte, und daß Sensoren mit 36 Megapixel ihnen keinen Freiraum für Fehler mehr gebe. Gerade beim SEL-55F18Z, das häufig voll geöffnet benutzt würde, hätte man darauf geachtet, das, was sie "Zwiebelringe" nennen würden, also Halos um unscharf abgebildete Spitzlichter, zu minimieren. Für eine sanfte Abbildung des Hintergrunds sei auch die kreisrunde Blende verantwortlich. Die Abstimmung sei besonders in Kombination mit asphärischen Oberflächen schwierig, die sie zur Korrektur von chromatischen Aberrationen und Koma einsetzen würden. [Mein Einwurf: Diesen Zusammenhang zwischen Blende und asphärischen Linsen verstehe ich nicht. Übersetzungsfehler?]
In Bezug auf eine Diskussion um das in der Redaktion herumstehende Muster eines Summilux-M 50 mm f/1.4 ASPH, entwickelt von Peter Karbe bei Leica, führt Naoki Miyagawa fachmännisch aus, daß es sich bei diesem Objektiv weder um ein Planar, noch um ein Sonnar handele, und meinte, daß er voll hinter Karbes Philosophie stehe, daß die Öffnung eines Objektivs in erster Linie für die Gestaltung der Tiefenschärfe gut sei, nicht für die Belichtung. Das Summilux sei ja dem Hörensagen nach im Rahmen einer zehn Jahre andauernden freien Entwicklungsarbeit bei Leica entstanden, und er würde als Optikdesigner davon träumen, auch einmal unter solchen Idealbedingungen arbeiten zu können - abseits von Zeitvorgaben und Budgets - und z.B. ein 1,4er oder 1,2er 85mm-Objektiv für das E-Bajonett entwickeln zu können. Vorerst bliebe das aber wohl ein Traum.
Viele Grüße,
Matthias
PS.
- Yosuke Aoki, Digital Imaging Vice President Sony Europe (links)
- Atsushi Ueda, Qualitätsingenieur für Sony A- und E-Bajonett-Objektive (mittig)
- Naoki Miyagawa, Optikdesigner für Sony A- und E-Bajonett-Objektive (rechts)