RE: Pornographie als Kunst

#1 von Luzypher , 03.09.2007 12:38

Hi folks!

Auch wenn ich als ehemals gelernter Fotograf seid Jahren nicht (mehr) in diesem Beruf tätig bin, so begleitet mich die Fotografie dennoch als private Leidenschaft und geliebtes Hobby. So habe ich über die Jahre meine Spezialisierung gefunden, die neben der Industriefotografie auch ihren Schwerpunkt in der Akt- und insbesondere Erotikfotografie hat.

In den letzten Monaten "experimentiere" ich zunehmend mit Grenzen und taste mich in ein Gebiet vor, welches sicherlich sehr delikat und von streng geteilter Meinung ist. Gerade dieses Themengebiet der Fotografie ist sehr heikel, da - meines Erachtens - Kunst und Zweck sehr dicht beieinanderliegen und die Qualität ein ausschlaggebendes Merkmal ist: die Pornographie als Kunst.

Aufmerksam geworden bin ich u.a. oder besonders durch die Werke von Dahmane Benanteur, der hier mit einem Tabu bricht und die Grenzen der Erotik überschreitet ohne dabei den "künstlerischen" Anspruch zu verlieren.

Dennoch wird das Thema auch unter zeitgenössischen Künstlern (Fotografen) eher zwiespältig behandelt. Die einen lehnen es strikt ab, sie empfinden es vulgär ohne erotischen Anspruch. Bleibt die Frage, wie etwas so Emotionales, so Faszinierendes und vor allem Schönes als vulgär bezeichnet werden kann? Ist die künstlerische Darstellung z.B. des weiblichen Schambereiches, eine faszinierende Perspektive in schwarz/weiß des Venushügels oder eine "Akt"-Aufnahme in stilvoller Art vulgär? Damit würde man doch gerade einen wesentlichen Teil des "Menschseins" als vulgär abstempeln und aberkennen?

Oder ist das Thema so schwierig, weil wir tagtäglich von nackter Haut, Erotik und Sex umgeben und für die wahren Qualitäten abgestumpft sind? Ist für uns Pornographie zu etwas extremen, zweckbezogenem geworden? Ist Sex nur mehr etwas, was man im Verborgenen hält? Was nichts ästhetisches an sich hat?

Die Abbildung von Gewalt, egal ob zum Zwecke der Kriegsberichterstattung oder als Gestaltungsmittel zur Darstellung unserer Gesellschaft wird als legitim betrachtet. Pornographie hingegen (im künstlerischen Sinne) ist jedoch ein Tabuthema.

Ein Beispiel: ich habe vor Monaten eine Serie gestartet, welche die "Weiblichkeit" als solche zum Gegenstand hatte. Keine geschönte, weichgezeichnete Aktfotografie mit weichem Licht, netten Accessoires wie man sie allgemeinhin findet, egal ob als Exponate von zahlreichen Fotokünstlern oder als Vorlage in unzähligen Aktfoto-Lehrbüchern. Harte schwarz/weiß-Fotografie, nur gespielt mit Licht und Schatten. "Teilakt" mit teils ungewöhnlichen Perspektiven, die auf den ersten Blick das Motiv als solches nicht verraten, beim Zweiten blick aber eher ein verschmitztes Lächeln des Betrachters auslösen. Keine "tiefgreifende Bildaussage" - lediglich eine Homage an die Schönheit und Faszination der Weiblichkeit.

Erstaunlicherweise lehnen gerade jüngere Menschen und darunter die Herren solche Erotikfotografie oder "künstlerische Pornographie" ab. Bei den jungen Frauen ist es eher gemischt, während hingegen gerade die Damen mittleren Alters zum größten Teil fasziniert sind von dem Thema ... ohne dabei so zweckbezogen zu sein, wie die Herren. Ich denke, hier haben die Frauen eindeutig das bessere Gefühl zu "Körper" und "Sex" in der darstellenden Kunst (vom Thema allgemein ganz zu schweigen).

Eine solche Diskussion zu so einem heiklen Thema ist natürlich ohne Betrachtung der Qualität nicht möglich. So muß (! natürlich ein künstlerischer Anspruch zu Grunde liegen ... in der Gestaltung wie in der Technik ... um dem Thema keine Zweckmäßigkeit aufzudrücken.

Dennoch ist die Frage faszinierend, wie dieses Thema allgemein aufgenommen wird. Wo bei Euch die Grenzen sind, was als ästhetisch betrachtet wird und wo für Euch die Grenzen zwischen Akt, Erotik und Pornographie in der darstellenden Kunst sind? Wie betrachtet Ihr das Thema und inwiefern seid Ihr durch die Medien beeinflusst?

Viele Grüße
Dirk

P.S.: Wie in der Kunst auch, sollte man nicht zuletzt beim Diskutieren eines solchen Themas das Augenmerk auf Qualität legen /wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" /> Danke.

P.P.S: Zu dem Thema möchte ich noch folgenden Link anfügen:
http://www.galerienvirtuell.de/kunst-repor...tstars,628.html

Zitat: "Kunst darf keine Tabus kennen"


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RE: Pornographie als Kunst

#2 von hobel , 03.09.2007 16:43

Ich habe den Eindruck die Grenzen zwischen Akt, Erotik und Pornographie sind pure gesellschaftliche
Konventionen und zeitabhaengig.
Da beziehe ich bewusst die Grenze zwischen Akt und Erotik mit ein.
Es gibt extrem selten einen Akt, der nicht vorallem durch Erotik lebt.
Ein Akt der nur von Form/Licht/Kontur/Textur lebt ist selten, daher denke ich
dass der Akt meist durch das Dargestellte und nicht durch die Darstellung
anzieht. Die Darstellung kann dann aestethischer oder unaestethischer sein,
das haengt von vom Geschmack des Schaffenden und des Konsumenten ab.
(bei einem Akt der losgeloest vom Sujet ist sollte z.B. das Geschlecht der
abgebildeten Person keine Rolle spielen muessen, so als Denkansatz...
Wenn es ein guter Akt ist, und man das Geschlecht nicht erkennen kann,
dann funktioniert der Akt *evtl* auf einer anderen Eben - muss aber auch nicht.)

In Fotoforen faellt auf auf das Bilder mit "schoeneren" Modellen positiver bewertet
werden als solche mit weniger "schoenen" - der Schluss liegt also Nahe, dass
die Betrachter weniger auf Komposition als auf das dargestellte Sujet achten.
Es faellt auch auf das z.b. mehr Akte fotografiert werden als z.b. Bilder von Moebeln,
obwohl sich bei Moebeln in den Details aehnliche Spiele mit Licht und Schatten erzeugen liessen
(man denke an schoene Sessel...).
Aber das scheint weder Schaffenden noch Konsumenten anzuziehen :-)

Also letztlich eine Frage der Konventionen.
Ich wuerde sagen, so lange keine sexuellen Handlungen gezeigt oder angedeutet
sind, kann jedes Koerperteil als Akt durchgehen, da wuerde ich die Grenze ziehen.
Wobei ein Gesichtsausdruck schon sexuelle Handlungen andeuten kann, ebenso eine Handhaltung.

Meine Meinung :-)


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RE: Pornographie als Kunst

#3 von hobel , 03.09.2007 16:52

Noch ein kleiner Nachtrag:
Es stellt sich die Frage: Was ist Kunst?

Meine personeliche Definition von Kunst ist:
- etwas das zur Erstellung Koennen benoetigt kann Kunst sein
- etwas das mir gefaellt kann Kunst sein
- etwas was mich bewegt kann Kunst sein

Sprich: es haengt eine Menge Zeugs in Museen
das meine Kriterien leider nicht erfuellt.
Nicht jeder Egotrip eines "Kuenstlers" der
die innere Leere seines Daseins ausdrueckt
ist fuer mich Kunst. Da gehoert schon etwas mehr dazu.

Nenn mich Ignorant ;-)


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RE: Pornographie als Kunst

#4 von Tetrapak ( gelöscht ) , 03.09.2007 19:51

Ich würde "Etwas das zur Erstellung Können benötigt" ersetzen durch "Etwas das zum Erstellen Kreativität und Originalität benötigt."


Tetrapak

RE: Pornographie als Kunst

#5 von damn ed ( gelöscht ) , 03.09.2007 20:01

"Delikat" finde ich das Thema Aktfotografie oder auch Pornographie nicht so sehr. Wir leben heute in einer pornofizierten Gesellschaft.
Das Fernsehen balanciert auf einem juristischen Drahtseil, in dem es, extra für diesen Zweck gedrehte, Pornofilme zeigt in denen keine primären Geschlechtsmerkmale deutlich zu erkennen sind. Wir sehen also kopulierende Menschen ohne den juristisch "entcheidenden" Blick.
Wir alle wissen, dass eine vor einem nackten Mann kniende nackte Frau wahrscheinlich nicht nach ihrem Hausschlüssel sucht. Aber Da wir das Gemächt nicht sehen wie es in Ihrem ach so wollüstigem Schlund verschwindet und mit viel ach so leckerem Spermizid wieder herausquillt ist es natürlich keine Pornographie, sondern Erotik...sicher...
In diesem Falle ist Pornographie lediglich eine juristische Frage.

Aber zur Pornogprahie in der Fotografie.
Entscheidend ist die Aussage und nicht das Motiv. Ein Geschlechtsorgan, wenn ich es auch nicht für unbedingt wesentlicher halte als einen Kopf, einen Fuss, eine Hüfte oder auch eine Leber, ist in seiner Aussage begrenzt. Um es genau zu sagen es hat überhaupt keine.
Ein Penis ist ein Penis ist ein Penis ist ein...Es gibt da phänotypische Varianzen aber es bleibt ein Penis. Mit einer Vagina verhält es sich übrigens nicht anders.
Oder nimm eine Schweineleber auf einem Teller mit gerösteten Zwiebeln und das ganze an Dillmousse. Macht sich gut in einem Kochbuch. Nimm die gleiche Schweineleber und steck sie roh in ein Gesicht oder lass sie aus einer Handtasche hängen. Immer die gleiche Leber. Und jetzt geh' davon aus, dass es vielleicht gar keine Schweineleber ist. Sondern vielleicht eine Menschenleber. Grauenhaft? Ja! Immer ist die Darstellung etwas vollkommen anderes.
Aber eine Leber ist immer eine Leber ist eine Leber ist eine...

Wenn ich als Fotograf mit z.B. einer Vagina eine bestimmte Aussage besser verdeutlichen kann, dann ist das nicht nur legitim sondern von Fall zu Fall sogar mehr als entschiedend. In einer Fotoserie über das Verbrechen der Beschneidung von Frauen könnte in einem solchen Fall eine beschnittene Vagina durchaus "zielführend" sein.

Aber darum scheint es Dir ja nicht zu gehen.
Hier geht es um die Unterscheidung zwischen Pornographie, Erotik und Akt.

• Pornographie ist die explizite Darstellung einer sexuellen Handlung.
• Akt ist die Darstellung eines Wesens.
• Erotik ist ein Zustand.

Die Dinge sind nicht vergleichbar und somit auch nicht trennbar. Es gibt pornografische Erotik, wie es auch erotische Pornografie, oder pornografische Akte gibt. Das ganze gibt es, in den meisten Fällen, auch ganz ohne Erotik.


Wie hat doch der kleine Thomas Mann so schön gesagt, als er mit seinem Vater vor einem Miedergeschäft stand und fasziniert auf die korsettierten Puppen in der Auslage stierte, und der Vater ihn fragte: "Na mein Junge, findest du das schön?"

"Nein, aber ich sehe es mir gerne an"...


Wenn Kunst Tabus bricht, muss sie das auch einlösen können. Schiere Tabubrüche sind noch keine Kunst, auch wenn man manchmal genau das glauben könnte. Nur weil der Regisseur einer modernen Theaterinszenierung eine blutbesudelte, nackte Schauspielerin während eines Monologes auf die Bühne kacken lässt wird das Ganze noch nicht "gut", oder "besser" oder gar "Kunst".

Romane wie "Lady Chatterly" bezeichnete man in Ihrer Entstehungszeit als "Literatur für eine Hand". Da man die andere Hand während des Lesens in der Regel für etwas anderes benutzte. Ist "Lady Chatterly" nun Kunst, oder nur Treibsatz für eine Handentspannung? Warum nicht beides? Die meisten von uns werden wissen, dass selbst sogar Handentspannungen eine eigene Kunstform sein können. /smile.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="smile.gif" />

Alles kann Kunst sein, muss es aber nicht. Die Kunst ist vornehmlich ein sehr schmaler Grat. Und auf diesem sich zu bewegen, das ist die Kunst. Das gilt für pornographishe Versatzstücke in der Fotografie genauso wie für alle anderen Ausdrucks- und Darstellungsformen auch. Die "Pornographie" hat da meiner Ansicht nach keine Ausnahmestellung und ist nicht "heikler", nur weil die Gesellschaft an eben dieser Stelle verklemmter zu sein scheint.


---------------

@hobel
"Was ist Kunst?" bedarf keiner persönlichen Interpretation.
"Was ist ein Baum?" bedarf dieser ja auch nicht.

"Welche Kunst erreicht mich?", wäre die richtige Frage.


damn ed

RE: Pornographie als Kunst

#6 von torfdin , 03.09.2007 22:12

Betrachtet man eine Definition von Pornografie:

Pornographie ist die Darstellung einer sexuellen Handlung mit dem Ziel der sexuellen Erregung.

dann ist das Ziel entscheidend.
Bei z.B. manchen Fetisch-Sachen sieht man manchmal nicht einen Quadratzentimeter Haut und kann manchen Bildern davon durchaus einen eindeutigen Zweck zuordnen.

Die Intension bei der Herstellung des Bildes ist wichtig, denk ich.
Entscheidend ist sicher die Fähigkeit des Fotografen das Bild so zu gestalten, dass das Bild die gewünschte Bildaussage transportiert.

Damit gibt es aber in der Fotografie oft Probleme.
Z. B. fallen viele Aktfotos meiner Ansicht nach in die Kategorie "noch a Nackerte", ihnen fehlt das Besondere, was das Bild einmalig macht.

Aber egal! Der Kreis der Betrachter ist entscheidend!
Sicher findet sich auch für ein Aktbild immer jemand, der es als Pornografie verteufelt.
Im Mittelalter wurden vielerorts in Europa den römischen Denkmälern, die unbekleidete Helden darstellten, der Penis abgeschlagen, um auf keinen Fall unzüchtige Gedanken auszulösen.


Grüße
torfdin


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RE: Pornographie als Kunst

#7 von Luzypher , 03.09.2007 22:24

Hi folks!

@damn ed
Insgesamt eine interessante Betrachtungsweise, die ich durchaus befürworten kann - wenn auch nicht sprachlich so virtuos inszeniert, wie sie es inhaltlich durchaus zu sein vermag. Ich nehme an, mit "Spermizid" ist Ejakulat gemeint ... jedenfalls kenne ich keine Frau, die gern ein spermienabtötendes Mittel in ihrem Mund hätte - geschweigedenn einen Mann, der zu ejakulieren soetwas in der Lage wäre :-D /wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" />

Dennoch kann man das Beispiel mit der Leber auch auf alle anderen Objekte, die sich mit der darstellenden Kunst abbilden lassen, ausweiten. Wenngleich es sicher hierüber geteilte Meinungen geben wird, ob eine Vagina eine Vagina, eine Vagina ... ist /wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" /> Das mag auf Ihre Art und Bezeichnung zustimmen, nicht jedoch auf die persönliche Interpretation hinsichtlich der Ästhetik und Emotion.

Ich bin ebenso der Meinung, das wir gerade in einer sehr unfreien Zeit in Bezug auf Sexualität, Pronographie und Erotik leben und sehr bizarren gesellschaftlichen Normen unterworfen sind, die sich insbesondere die Werbung zunutze macht. Von einer unfänglichen Freiheit und Natürlichkeit z.B. der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts sind wir sehr weit entfernt. Das mag aber wieder ein anderes, tiefgreifendes Thema sein, welches ich hier nicht diskutieren möchte.

Ist denn z.B. Courbets "Ursprung der Welt" Erotik? Oder Akt? Oder Pronographie? Und zu welcher Epoche wäre es das jeweilige?

ZITATEntscheidend ist die Aussage und nicht das Motiv.[/quote]
Ebenfalls ein sehr diskussionswürdiger Punkt. Muß denn Kunst immer eine Aussage in ein Motiv interpretieren? Kann nicht auch das Motiv Gegenstand der Kunst in seiner einzigen Abbildung sein?

@torfdin
ZITATPornographie ist die Darstellung einer sexuellen Handlung mit dem Ziel der sexuellen Erregung.[/quote]
Wie korrekt erkannt, kann dies aber auch eine per Definition nicht sexuelle Handlung sein. Aber davon abgesehen ist doch die Darstellung einer auch nur angedeuteten sexuellen Handlung als Betrachter nicht weniger emotional, als die Darstellung von Gewalt oder Ästhetik oder dergleichen. Insofern kann man Pronographie an sich nicht das Ziel der sexuellen Handlung absprechen - als Kunst oder eben als Zweckmedium.

Viele Grüße
Dirk


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RE: Pornographie als Kunst

#8 von poessi , 03.09.2007 22:45

ZITAt (torfdin @ 2007-09-03, 22:12) Im Mittelalter wurden vielerorts in Europa den römischen Denkmälern, die unbekleidete Helden darstellten, der Penis abgeschlagen, um auf keinen Fall unzüchtige Gedanken auszulösen.[/quote]

Überm großen Teich, im hier und heute kann sowas ähnliches auch mal ganz schnell in einem "Wimmelbuch"
(das sind diese Bilderbücher mit hoher Detaildichte und unzähligen Figuren und Objekten) einer
Deutschen Illustratorin passieren.
Aber lest selbst...


Gruß,
Reinhard


I've seen things you people wouldn't believe. Attack ships on fire off the shoulder of Orion.
I watched c-beams ... glitter in the dark near Tanhauser Gate.
All those ... moments will be lost ... in time, like tears ... in rain. Time ... to die.


 
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RE: Pornographie als Kunst

#9 von damn ed ( gelöscht ) , 03.09.2007 23:18

ZITATLuzypher: Muß denn Kunst immer eine Aussage in ein Motiv interpretieren? Kann nicht auch das Motiv Gegenstand der Kunst in seiner einzigen Abbildung sein?[/quote]

Meiner Ansicht nach interpretiert Kunst nicht eine Aussage in ein Motiv, sondern sie arbeitet einen bestimmten Teil, eine Aussage so heraus, dass sie sichtbar wird. Kunst ist Verdichtung.

Und natürlich war das Ejakulat gemeint, obgleich meiner Meinung nach die Leidenschaft dieses in seinem Mund zu haben dem des Spermizids in nur sehr wenig nachsteht. Da ist meiner Ansicht nach auch mehr Legendenbildung am Werk, als wahre Leidenschaft. Aber auch wieder ein anderes Thema.

Wie Du sagst ist sehr vieles an Kriterien auf die allgemeine Kunst übertragbar und genau so sollte es behandelt sein. Der Grenzgang zwischen Pornographie und Kunst ist kein anderer als zwischen anderen gesellschaftlichen Tabus und der Kunst.

Pornographie war immer Teil der Kunst. Frühe persische, explizite Darstellungen. Hieronymus Bosch, Kamasutra usw. um nur einige zu nennen. Bei Bosch findet sich Gewalt, Pornographie, Lust, Leid, Macht, Ohnmacht, Ästhetik und noch einiges mehr in einem einzgen Werk.
In Pompeji gab es ebenfalls explizite pornographische Darstellungen, die jedoch nur in den wesensverwandten Etablissements, also im Puff. Aber heute sind es für uns kunstvolle Darstellungen, die dem einen oder anderen immer noch die Schamesröte ins Gesicht treiben.

Aber worum geht es jetzt eigentlich?


damn ed

RE: Pornographie als Kunst

#10 von fwiesenberg , 03.09.2007 23:40

ZITAt (damn ed @ 2007-09-03, 23:18) In Pompeji gab es ebenfalls explizite pornographische Darstellungen, die jedoch nur in den wesensverwandten Etablissements, also im Puff.[/quote]
Oh, längst nicht nur da...

ZITATAber heute sind es für uns kunstvolle Darstellungen, die dem einen oder anderen immer noch die Schamesröte ins Gesicht treiben.[/quote]
Das allerdings.

Aber Pompeji ist da ein Beispiel, daß solche Abbildungen immer in ihrem Kontext / Kulturkreis gesehen werden müssen.
Das, was von uns heutzutage zumindest als antike erotische Darstellung (sei es Wandmalerei, Mosaik, Öllampe, Keramik, Statue, Ringsiegelfläche usw.) interpretiert wird, hatte zur Zeit ihrer Erstellung längst nicht immer dieselbe Intention, die ihr meist heute unterstellt wird. Dies hängt insbesondere mit der Werteprägung unseres (christlichen) Kulturkreises zusammen - die man durchaus prüde nennen kann...

Das lenkt die Diskussion aber vielleicht in eine falsche Richtung.


Grüße aus dem Westen der Republik!
Frank.


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... zur Interpunktion:
"Als Mitglied der Uralten und Ehrwürdigen Loge ... war es für Herrn Parker Ehrensache, seine Satzzeichen niemals an die richtigen Stellen zu setzen."
(Terry Pratchett in "Schöne Scheine")

... zur Groß- und Kleinschreibung:
Ich behalte mir vor, Beiträge, die die in unserem Sprachraum allgemein übliche Groß- und Kleinschreibung ohne nachvollziehbare Begründung vermissen lassen, komplett zu ignorieren.


 
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RE: Pornographie als Kunst

#11 von torfdin , 04.09.2007 00:06

die Aussage

Das Bild "Mona Lisa", der abgebildete Gesichtsausdruck schuf sich Quasi seine Ruf selbst. Wenngleich es mir zu selten gelingt, ein Bild mit solch einer Wirkung mit der Kamera zu schaffen, ist das mein Ziel, auf das ich hin arbeite.
Ich denke, so sollte man bemüht sein, seine Bildaussage in die gewünschte Richtung bringen, in Richtung Kunst (oder in Richtung Pornografie).
Gelingt das, wirken die Bilder wie die Helmut Newtons auf das Publikum, unbestritten Kunst aber auf die eigene Weise erotisch.

Grüße
torfdin


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RE: Pornographie als Kunst

#12 von Luzypher , 04.09.2007 10:14

Hi folks!

ZITATDa ist meiner Ansicht nach auch mehr Legendenbildung am Werk, als wahre Leidenschaft.[/quote]
Dem kann ich nicht zustimmen. Die Intentionen mögen unterschiedlich sein (auch Leidenschaft kann dazu gehören), es ist aber alles andere als Legendenbildung.

ZITATAber auch wieder ein anderes Thema.[/quote]
Dem stimme ich jedoch völlig zu! /wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" />

ZITATPornographie war immer Teil der Kunst. Frühe persische, explizite Darstellungen. Hieronymus Bosch, Kamasutra usw. um nur einige zu nennen. Bei Bosch findet sich Gewalt, Pornographie, Lust, Leid, Macht, Ohnmacht, Ästhetik und noch einiges mehr in einem einzgen Werk.[/quote]
Richtig ... und damit kommen wir zur eigentlichen Frage: ist Pornographie in der (künstlerischen) Photographie erlaubt und legitim? Dennoch lässt sich die Frage durch obige Aussage nicht beantworten, da wir heute eine andere Auffassung vertreten.

Somit sind wir wieder beim eigentlichen Thema. /smile.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="smile.gif" />

Viele Grüße
Dirk


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RE: Pornographie als Kunst

#13 von damn ed ( gelöscht ) , 04.09.2007 11:19

ZITATluzypherem kann ich nicht zustimmen.[/quote]
Das habe ich auch nicht anders erwartet. /smile.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="smile.gif" />


ZITATist Pornographie in der (künstlerischen) Photographie erlaubt und legitim?[/quote]
Erlaubt und legitim im Sinne von rechtlichen Aspekten gesehen?
Solange es nicht menschenverachtend ist und nicht in Räumen hängt die unter 18-jährigen zugänglich sind wahscheinlich schon
Oder mehr im Sinne ob es "schicklich" sei?
Na ja, die einen sagen "so", die anderen "so".
Oder ob man das "machen kann"?
Klar kann man das machen.

Ich persönlich stelle mir eher die Frage ob es nötig ist?

ZITATda wir heute eine andere Auffassung vertreten.[/quote]
...und die wäre?



/smile.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="smile.gif" />


damn ed

RE: Pornographie als Kunst

#14 von Luzypher , 04.09.2007 11:30

Hallo,

ZITATIch persönlich stelle mir eher die Frage ob es nötig ist?[/quote]
Die Frage sollte lauten, warum es nicht nötig sein sollte? Denn so stellt sich ja generell der Sinn nach Abbildung in Frage.

Ich halte Pornographie per se genausowenig diskriminierend bzw. menschenverachtend wie ein Portrait auch. Es ist ebenso ein Teil des Lebens und Menschseins, lediglich tief emotional und mit Sehnsüchten verbunden. Es ist genauso ästhetisch und leidenschaftlich. Dabei braucht man nicht einmal eine "rechtliche" oder moralische Definition.

Ist es also nötig?

Genauso wie es nötig ist, alles andere in Form und Bilder zu fassen, was uns umgibt.

Die Frage ist, ob es im Betrachter nicht Sehnsüchte weckt, die stets aufgrund moralischer Vorstellungen verborgen bleiben, aber doch im Inneren Keimen. Sich daraus ein Gefühl des Neides, des Erhaschens von Verbotenem ergibt. Mit einer eher abneigenden Betrachtung nach Aussen, aber einer wollüstigen Faszination im Inneren? Genauso wie Gewalt fasziniert, aber abgelehnt wird.

Viele Grüße
Dirk


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RE: Pornographie als Kunst

#15 von m_lieback , 04.09.2007 12:49

Hallo,

Ich hab mal Wiki zur Definition von Kunst befragt:

ZITATDer Begriff Kunst hat im Laufe der Jahrhunderte und in verschiedenen Kulturen seine Bedeutung stets verändert und tut es noch. Er wird von Künstlern, Kunsttheoretikern, Historikern, Philosophen, Soziologen und der Öffentlichkeit intensiv diskutiert. Oft wird der Begriff Kunst auch mit der Bedeutung "Werk der Bildenden Kunst" verwendet. Kunst ist ein Kulturprodukt, eine Hervorbringung von Menschen, das Ergebnis eines kreativen Prozesses, an dessen Anfang manchmal die religiöse Motivation stand und an dessen Ende entweder das "Kunstwerk" steht oder auch – wie seit der Moderne – der Prozess selbst als Ergebnis gewertet wird. Jede Kultur hat demnach Kunst hervorgebracht. (Zitat: WIKI "Kunst"[/quote]

Nach dem existiert Kunst also nur innerhalb einer Kultur und eines ethischen Umfeldes. Somit läßt sich erkennen das es kaum einen allgemeinen Lösungsansatz gibt. Wir haben ca. 5 bis 8 Weltrelegionen und eine menge Atheisten (mit Kulturumfeld) auf diesen Planeten. Alle haben eine etwas differenzierte Meinung zu diesem Thema. Die geschätzte Mehrheit würde es wohl öffentlich als Pornographie bezeichnen. ...und wie weit sie es nötig hat??

Nun, persönlich bin ich auch geteilter Meinung. Der Mensch als Teil der Natur ist sicherlich ein wunderschöner Teil des Daseins, auch in all seinen Details und Formen. Nur ist heute die so genannte Zivilisation nicht in der Lage mit ihrer Gier nach Geld klar zu kommen. Kann also dies und die Natur (deren Teil sie ist) somit auch nicht würdigen. Frühere (Hoch-)kulturen, die wir nicht wirklich kennen, scheinen dies als Teil ihres Lebens betrachtet zu haben (z.B. Neolitische Zeit). Wir hier versuchen uns von der Abhängigkeit der Natur zu lösen, ZIVILISIERT die Natur aus unserm Dasein zu sperren. Als ginge uns alles nix an.

Ja, ich glaube auch die Erfindung des "finanziellen Vorteils" gibt dem Verbot "Pornographie" als Kunst zu bezeichnen recht. Genau so, wie es wirklich endlich verboten werden sollte abgehackte Köpfe in der Zeitung zu zeigen. (Aber man will uns ja nur wach rütteln.) Für sich kann wohl jeder alle Teile der Natur lieben und schützen.

... und jetzt werdet ENDLICH WACh!! :-))

Ich habe als Schüler vor etlichen Jahren Lessings "Nathan der Weise" gelesen (Klasse). Ich denke Toleranz und Demut sind ein Anfang die einfachen Dinge des Lebens wieder zu finden. ...und somit vielleicht eine einheitliche Ethik zu finden. Die Notwendigkeiten klären sich auf dem Weg dahin selbst.

Grüsse

M. (budistisch angehauchter Pantheist im christl. Kulturraum)


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