RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#16 von ausgeburt ( gelöscht ) , 05.04.2006 12:11

Mullar,

- wurdest Du gezwungen die Fragen zu beantworten?
- hattest Du die Möglichkeit, Dir die Aufnahmen/das Interview zu verbitten?
- hast Du nachgefragt, welche und ob eine Verwendung vorliegt?

Wie gesagt, ich halte das nicht mal für ausschlaggebend, da es sich um ein Zeitgeschehen gem. Ausnahmen des §23 KUG handelt. Ein Einverständnis ist m.E. nach bei dem geschilderten Sachverhalt nicht notwendig. Die einzige Ausnahme die hier geltend gemacht werden kann, ist das "berechtigte Interesse" an der Nichtveröffentlichung.

[Edit]: das KUG behandelt zudem nicht die Fragestellung, ob der Photographierende als Journalist/Presse ausgewiesen sein muss, bzw. überhaupt von der Presse sein muss (zur Frage der Erkennbarkeit und damit Einschätzung der Veröffentlichungswahrscheinlichkeit).[Edit]



ausgeburt

RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#17 von mullar , 05.04.2006 13:13

@ausgeburt:

Ich stimme Dir ja in Vielem zu und bin auch nicht wirklich verstimmt bzw. bestrebt etwas dagegen zu tun, aber ich wüsste es halt gern genau (er) /smile.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="smile.gif" />

ZITAT- wurdest Du gezwungen die Fragen zu beantworten?[/quote]
Natürlich nicht, ist aber auch völlig egal.

ZITAT- hattest Du die Möglichkeit, Dir die Aufnahmen/das Interview zu verbitten?[/quote]
Hatte ich, ist aber ebenfalls irrelevant - für eine Veröffentlichung muss mein Einverständnis vorliegen. Keine Meinung zu einer ungestellten Frage zu äußern ist keine Zustimmung. Ein Verbieten meinerseits hätte es deutlicher gemacht, ist aber ebenfalls nicht nötig, weil ich eben auch keine Erlaubnis gegeben habe.

(Einwilligung bedeutet eine Zustimmung vor der Veröffentlichung. Eine bestimmte Form der Einwilligung ist vom Gesetz nicht vorgeschrieben, sie kann mündlich oder schriftlich, ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Ein bloßes "In-Kauf-Nehmen" genügt nicht. Wer damit rechnen muss, mit auf eine Aufnahme zu geraten, und sich dennoch nicht entfernt, erklärt damit noch nicht seine Einwilligung.)

ZITAT- hast Du nachgefragt, welche und ob eine Verwendung vorliegt?[/quote]
Nein - wozu auch - das ist nicht meine Pflicht. Derjenige, der etwas veröffentlichen will, muss mich darüber informieren und dann meine Zustimmung dazu bekommen.

(Wichtig ist: Wer einwilligt, muss wissen, zu welchem Zweck die Aufnahme gefertigt wird, d.h. wo und in welchem Zusammenhang sie verwendet und veröffentlicht werden soll. Auf diesen Verwendungszweck ist die Einwilligung im Zweifelsfall beschränkt. Nach § 22 KUG Satz 3 bedarf es nach dem Tod des Abgebildeten bis zum Ablauf von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten zur Veröffentlichung.)

ZITAT... ich halte das nicht mal für ausschlaggebend, da es sich um ein Zeitgeschehen gem. Ausnahmen des §23 KUG handelt[/quote]
Korrekterweise muss es Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte lauten, nicht des Zeitgeschehens - das ist ein kleiner, aber bemerkenswerter Unterschied und ob es dann tatsächlich noch als solches zu werten ist, bezweifle ich immer noch. Schau mal:

Als Zeitgeschichte wird im deutschen Sprachraum jener Abschnitt der neuesten Geschichte bezeichnet, dessen Auswirkungen noch spürbar in die Gegenwart hineinreichen.
Im engeren Sinn zählt man diejenige Geschichte zur Zeitgeschichte, über die von heute noch lebenden Zeitzeugen berichtet werden kann. Es handelt sich also nicht um eine abgeschlossene Epoche, sondern um ein sich ständig veränderndes Kontinuum.


Anbei noch einmal die Fälle, in denen ohne Einwilligung veröffentlicht werden darf.

Und ein wenig aus Wikipedia, was zwar nichts rechtskräftiges ist, aber in vielen Fällen recht stimmig ist:

ZITATErkennbarkeit

Mit Bildnis ist hierbei nicht nur eine Fotografie oder Filmaufnahme, sondern jede erkennbare Wiedergabe einer Person gemeint, also auch Zeichnungen, Karikaturen, Fotomontagen, sogar der Auftritt eines Doppelgängers kann dazu zählen.

Die Einwilligung zur Veröffentlichung ist aber nur dann erforderlich, wenn der Abgebildete individuell erkennbar ist. Die Erkennbarkeit kann sich auch aus begleitenden Umständen ergeben. Selbst die in Presseveröffentlichungen übliche Anonymisierung durch Augenbalken beseitigen diese Erkennbarkeit nicht notwendigerweise (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 2004, S. 1547 § 22 KUG Rdnr. 3). Ist eine Person durch den Kontext eindeutig identifizierbar, kann sie sich gegen die Veröffentlichung wehren, auch wenn ihre Gesichtszüge gar nicht gezeigt werden.

Dazu führte das Landgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 19. Januar 2006 (Az.: 2/03 O 468/05) aus: "Unter Bildnissen im Sinne des § 22 KUG versteht man die Darstellung einer natürlichen Person in einer für Dritte erkennbaren Weise. Zumeist ergibt sich die Erkennbarkeit aus der Abbildung der Gesichtszüge. Es genügt aber auch, wenn der Abgebildete - mag auch sein Gesicht kaum oder gar nicht zu erkennen sein - durch Merkmale, die sich aus dem Bild ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar ist oder seine Person durch den beigegebenen Text oder durch den Zusammenhang mit früheren Veröffentlichungen erkannt werden kann (vgl. BGH NJW 1979, 2205 - Fußballtorwart; Prinz/Peters, Medienrecht, Rz.. 827). Nicht notwendig ist, dass der Abgebildete tatsächlich von bestimmten Personen erkannt wurde. Das Recht am eigenen Bild ist bereits dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass hat, er könnte identifiziert werden. Nicht erforderlich ist, dass schon der flüchtige Betrachter den Abgebildeten auf dem Bild erkennen kann, es genügt die Erkennbarkeit durch einen mehr oder minder großen Bekanntenkreis (vgl. BGH NJW 1979, 2205 - Fußballtorwart; v. Strobl-Alberg in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7.Rz. 15). Entscheidend ist der Zweck des § 22 KUG, die Persönlichkeit davor zu schützen, gegen ihren Willen in Gestalt der Abbildung für andere verfügbar zu werden. Der besondere Rang des Anspruchs darauf, dass die Öffentlichkeit die Eigensphäre der Persönlichkeit und ihr Bedürfnis nach Anonymität respektiert, verlangt eine Einbeziehung auch solcher Fallgestaltungen in den Schutz dieser Vorschrift (vgl. Peters/Prinz, a.a.O.)"[/quote]



 
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RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#18 von ausgeburt ( gelöscht ) , 05.04.2006 14:04

Hi Mullar,

vielleicht hilft Dir das hier weiter?

http://www.law-blog.de/category/fotorecht/
http://www.law-blog.de/229/personen-der-ze...ichte/#more-229

Das ganze ist ein sehr "weicher" Rechtsbereich, der sich halt häufig und nur individuell vor Gericht klären lässt.

[Edit]
http://www.law-blog.de/251/fotorecht-teil-...kunst/#more-251
[Edit]

Gruss



ausgeburt

RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#19 von ausgeburt ( gelöscht ) , 05.04.2006 14:56

http://www.law-blog.de/251/fotorecht-teil-...Los%21#more-251

ZITAT
-ag-

Eine Person wird bei der aktuellen "Flut" beim Sandsacktragen angesprochen von einem Kamerateam. Es werden Fragen gestellt, die auch ohne weiteres von der Person beantwortet werden. Kurze Zeit später wird dieses Interview im Rahmen der Berichterstattung ausgestrahlt.

War hier das Einverständnis der Person erforderlich oder ist sie eine Person der Zeitgeschichte i.d.S?

Danke für die Antwort.
05.04.06 um 2:31 pm


Arne Trautmann

Naja, da wird man sich sogar schon fragen können, ob nicht ein Einverständnis vorliegt, wenn ich mich beim Fragenbeantworten filmen lasse. Aber als relative Person d.Z. wird es jedenfalls wohl reichen. Zumindest Berichterstattung sollte damit möglich sein.
05.04.06 um 2:38 pm
[/quote]



ausgeburt

RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#20 von mullar , 05.04.2006 15:49

Na jetzt wird es langsam greifbar für mich - wenn ein Anwalt das sagt, wird er's wohl tatsächlich auch wissen - ist ja sein Job.

DANKE DIR für die Recherche!



 
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RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#21 von mullar , 27.05.2006 10:20

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat gestern (26.05.2006) entschieden, dass wer sich von einem Fernsehteam interviewen lässt, damit nicht automatisch sein Einverständnis zu einer Ausstrahlung der Szene gibt. (AZ: 14 U 27/05)



 
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RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#22 von ausgeburt ( gelöscht ) , 27.05.2006 10:48

ZITAt (mullar @ 27.05.2006 - 10:20) Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat gestern (26.05.2006) entschieden, dass wer sich von einem Fernsehteam interviewen lässt, damit nicht automatisch sein Einverständnis zu einer Ausstrahlung der Szene gibt. (AZ: 14 U 27/05)[/quote]
Ein OLG-Urteil hat natürlich eine gewisse Referenzkraft und wird nachhaltig die bisherige Einschätzung beeinflussen. Aber mal etwas persönliches. Sinnvoll finde ich das ganze nicht. In meinen Augen ist diese ganze Diskussion von einer gesellschaftlichen Hysterie beeinflusst. Vor zwanzig oder dreissig Jahren und mehr, hätte danach kein Hahn gekräht und im mediterranen Ausland ist es den Leuten immer noch völlig wurst. Mit solchen Urteilen und dem Deutschen Habitus wird man wahrscheinlich demnächst bei jedem Bild auf der Straße angepflaumt.



ausgeburt

RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#23 von Snooper ( gelöscht ) , 27.05.2006 12:51

ZITAt (ausgeburt @ 27.05.2006 - 10:48) Ein OLG-Urteil hat natürlich eine gewisse Referenzkraft und wird nachhaltig die bisherige Einschätzung beeinflussen. Aber mal etwas persönliches. Sinnvoll finde ich das ganze nicht. In meinen Augen ist diese ganze Diskussion von einer gesellschaftlichen Hysterie beeinflusst. Vor zwanzig oder dreissig Jahren und mehr, hätte danach kein Hahn gekräht und im mediterranen Ausland ist es den Leuten immer noch völlig wurst. Mit solchen Urteilen und dem Deutschen Habitus wird man wahrscheinlich demnächst bei jedem Bild auf der Straße angepflaumt.[/quote]

Es fängt schon an.
Aktuell musste Pro7 an eine Mutter+Kind jew. 2500€ wegen der (unerlaubten)Austrahlung eines Interviews
zahlen.



Snooper

RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#24 von co2 , 27.05.2006 13:13

So lange wie die Medien die Würde der Interviewten und einen gewissen Anstand bewahrten, musste der Staat nur in Einzelfällen ordnend eingreiffen. In letzter Zeit wurden diese Tugenden nicht mehr so stark gepflegt und die Reaktion folgt auf dem Fusse. Wen wunderts?



co2  
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RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#25 von mullar , 27.05.2006 13:59

Mir persönlich wäre es ja auch lieber, ich müsste nicht das Einverständnis eines Abgebildeten für die Veröffentlichung seiner/meiner Bilder einholen - das macht (unbeeinflusste) Streetfotografie ja so heikel.

Ich bin jedoch der Meinung, wenn es das Recht am eigenen Bild in Bezug auf Fotografie gibt, sollte es auf jeden Fall auch für das Medium Video/Film und dessen Veröffentlichung gelten.

Wenn Vater Staat sich nun mal entschlossen hat, die Rechte des Abgebildeten zu schützen, dann muss man sich halt danach richten, ob es einem passt oder nicht ... ob ich (bezahlt) im Auftrag eines Senders unterwegs bin, das Ganze als Hobby betreibe, ob mit einer Lochkamera oder mit einer HighTech-Ausrüstung ...



 
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RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#26 von Azrael3000 ( gelöscht ) , 27.05.2006 14:19

naja Lars man könnte sich bei der (unbeeinflussten) Streetfotographie ja auch auf §23 (1) 4 beziehen der da lautet
ZITAT4.

Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.[/quote]
Nur ist da halt wieder die Frage ob man das alles als höheres Interesse der Kunst werten kann.



Azrael3000

RE: Eine Frage zum "Recht am eigenen Bild"

#27 von ausgeburt ( gelöscht ) , 27.05.2006 16:20

Einerseits hat das Urteil eine fatal witzige Kehrseite. Die Medien, deren bester Absatzmotor Angst und Hysterien sind, haben ja selber die Ängste vor Voyerismus und Co. gestärkt. Die ganzen Debatten um böse Männer, die Hightechvideoanlagen in Bräunungskabinen installieren oder mit dem Bildhandy jeden Tag unterwegs sind, um den Frauen das Geheimnis unter dem Rock zu entlocken, widersprechen in meinen Augen der Realität. Mit dem Urteil erwischt es dieses Räderwerk nun selber.

Der weitaus größere Kollateralschaden wird aber eben da passieren, wo Kunst gemacht wird. Die Frage, was Kunst ist und was keine mehr sein mag, finde ich schwierig und gefährlich. Die Kunstgeschichte zeigt, dass der Maßstab einer jeweiligen Gegenwart selten trefflich anzuwenden war. Die Kunstfrage über Gericht klären lassen zu wollen ist ein falscher Schritt. Je mehr die Verantwortlichkeit einer Gesellschaft in die Hände von Gerichten abgegeben wird, desto schlechter statt besser wird es eigentlich.

Das Recht am eigenen Bild umfaßt ja grotskerweise schon nicht mehr die Veröffentlichung, sondern längst die Verfertigung. Welcher Laie da draußen kann schon einschätzen, ob Ihr da draußen gerad ein Tele oder ein Weitwinkel am Apperat habt? Ich welcher Beamte will das zur Not einschätzen? Wie weit geht das? Mit der Digitalen, ok. Da könnte man noch die Bildersicht vor Ort machen.

Das geht über gesunde Rechtspraxis längst hinaus und steht sinnbildlich für unsere verschrobene Gesellschaft.



ausgeburt

   


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