QUOTE (nonova @ 2013-12-10, 12:19) Also: Selbst nach offizieller Statistik 500.000 Morde seit der "ANC Revolution". Und hier wird von einigen so getan als wäre die "Altstadtsanierung von Johannisburg" eben noch nicht so weit gediehen (was sie mit Mandela sicher wäre)...[/quote]
Mordstatistik ist fast ganz off-Topic:
Altstadtsanierung wäre wiegesagt Aufgabe von Mandelas NACHFOLGERN gewesen. Beschwer dich bei denen!
Mandela hatte GRUNDLEGENDERES zu leisten. Eine Verfassung zum Beispiel. Bei unszulande heißt sowas "GRUND"gesetz!
Wenn das Grundrecht auf Leben so schlecht geschützt ist in Südafrika ist das bedauerlich, es gibt auch andere Zentren des Dahinmordens, oft gerade in schönen Orten und Ländern wie New Orleans, Mexico, Kolumbien, aber auch Orte des Siechtums der Vernachlässigten und Ausgestoßenen, etwa in indischen Metropolen, dem Kastensystem sei Dank. Kastendenken ist, so haben mir vor 20 Jahren Inder mal erklärt, eigentlich auch eine Art Rassismus, den die für ganz normal hielten. Und der sitzt tief in der Kultur verwurzelt, auch wenn moderne jüngere InderInnen von Heute schon einen aufgeklärteren Eindruck machen.
In Südafrika hielt das Apartheid-Regime kaum länger als die DDR: 44 Jahre lang, nach solchen Zeiträumen brechen solche Unrechts-Regime eben normalerweise zusammen, schlimmstenfalls so wie in Syrien jetzt das Baath-Regime in einem grausamen Bürgerkrieg. Idealerweise in einer gewaltfreien Revolution wie in Ostdeutschland, abzüglich Treuhand-Korruption.
Südafrika hätte kein Bürgerkrieg gedroht, aber Pogrome gegen Weiße wie im Nachbarland, Mugabes Zimbabwe. Solche Kampagnen gab es unter Mandela nicht. Allerdings ist der Rassismus dort schon einige Jahrzehnte älter als das Apartheid-Regime, also auch schon etwas verwurzelt, so dass sich wie in den heutzutage "politisch korrekten" USA bei einigen Grüppchen ein Gegenrassismus ausbildet, und sei es nur um eifersüchtig bestimmte kulturelle Errungenschaften einseitig "allein ihrer Rasse" zuordnen, in USA z.B. den Jazz, der aber erwiesenermaßen ein Mischkulturprodukt ist, wenn auch stark bis überwiegend afroamerikanisch geprägt!
In Südafrika nehme ich aber an, dass die Mordrate eine Mordrate im Wesentlichen gemeiner Kapitalverbrechen ist und kein organisierter Gegenrassismus. Da gibt es auch historische Beispiele: Selbsterklärte jüdische Rächer des Holocaust etwa wollten nach WKII 6 Mio. Deutsche ermorden, schafften aber nicht mehr als eine SS-Kompanie. Solche Rache verläuft im Sande, wenn es nicht so gepuscht wird wie in Zimbabwe. Zimbabwe ist mittlerweile schon vergleichbar mit den Benesch-Dekreten: Eine große Vertreibung!
Südafrika gehört in eine Reihe irgendwie selbstbefreiter Länder wie Venezuela, Südafrika, Osttimor, wo die Mordrate nicht gerade für das neue System zu sprechen scheint.
Die Mordrate in Südafrika war schon mal Thema, vor der Fußball-WM. Reisende wurden gerade vor Johannisburg gewarnt. Bei einer anderen WM, die zuvor in Deutschland stattfand, haben allerdings auch Politiker etablierter Parteien vorher gefordert, in Reiseführern "No-Go-Zonen" auszuweisen, Problemzonen ausländerfeindlichen Rechtsextremismus also. Und zur Zeit wird die mörderische Qualität des Rassismus in D auch ausführlich vor Gericht verhandelt. Aber das mit der südafrikanischen WM hat sicher auch manchen Fotografen hier geschmerzt, der aus Ängsten vielleicht auf jene potentiell besonders bunte WM als Motiv verzichtet hat - Mordstatistik in diesem Punkt einmal nicht off-Topic
Außerdem schmerzlich selbst für Südafrikaner, die in weniger mordsmäßigen Gegenden wohnen: Da ist es zumindest schmerzlich peinlich, dass das Land auf dem Niveau des Kongo steht was Morde angeht, da ist auch die Rekordmordrate von Honduras kein Trost. Bestimmt ist jedem Südafrikaner bereits ein Mensch durch Mord aus dem persönlichen Netzwerk gerissen worden. Ein Drittel der Mordrate von Honduras ist jedenfalls eine ganze Menge Holz im Vergleich zu nur einem Hundertstel davon in Deutschland!
Brecht hatte nicht recht: "Erst kommt das Fressen, dann die Moral" sagte er. Das Fressen ist die Moral, was hinten runterfällt ist die Ethik, oder Ethik fehlt von vornherein! Moral ist z.B. auch Arbeitsmoral, die Moral des Mörders folglich die Kerben auf seinem Kerbholz! Ethik ist was fehlt, und die kann auch falsch definiert sein, v.a. wenn sie wie so oft mit Moral verwechselt wird! Alle Menschen haben das Zeug zu Ethik, denn z.B. die Weltreligionen kennen gemeinsame ethische Werte, wie Hans Küng einmal feststellte. Aber auch auf dieser religiösen Ebene beißen sich manchmal Ethos und Moral, typischerweise mehr oder weniger sinnvoll vorgegebene Moralvorschriften versus eigenverantwortlich zu lebende Ethik.
Dazu, @nonova, weiß ich aber leider keinen Rat, wie Ethik besser verwurzelt oder aktiviert werden kann wo sie offenbar fehlt oder zumindest schwächelt. Das Liedgut der ANC-Revolution mag martialisch sein, das der "bürgerlichen" französischen Revolution war es auch: Ran, hängt sie, ran, die Aristokraten, an die Laterne! Wird auch heute gerne noch gesungen! Aber die ach so bürgerlichen Franzosen haben sich zwischenzeitlich sogar Adelstitel GEKAUFT, wie z.B. die Familie Giscard d'Estaing, also der eines bekannten frz. Präsidenten unserer Zeit. Und das meckern die kritischen Autoren zu Präsident ZUMAs Verhalten ja auch an: Wenn im heutigen Südafrika soziale Schichtenkonflikte sind, dann sollten sie vielleicht eher als Klassenkonflikte denn als Rassenkonflikte betrachtet werden. Lieber die neuen Gräben überwinden als die alten zur Ablenkung von den Problemen auch wieder aufzureißen. Aber der Präsident, der das lernen muss heißt ZUMA, nicht Mandela! Mandela hat seinen Teil der Politik respektabel gemacht.