Durch einen glücklichen Umstand bin ich zu einem akzeptablen Preis an einen gebrauchten Brightscreen 20/20 Proscreen "p1195d" für die DSLR-A850/DSLR-A900 gekommen und wollte hier kurz meine ersten Eindrücke schildern:
Bei dem Modell "p1195d" handelt es sich um die Version mit großem Schnittbildindikator (ca. 6mm) und Mikroprismenring (ca. 13mm) in diagonaler Ausführung. Laut Brightscreen ist eine Version "p1195h" mit horizontalem Schnittbildindikator, die ich eigentlich bevorzugt hätte, nicht lieferbar, und sie wird auf der Webseite auch nicht mehr aufgeführt. Wie üblich, sind die Antworten von James Lakey so kurz angebunden, daß es sich anhört, als hätte es eine "h"-Variante nie gegeben, obwohl diese bis vor einiger Zeit noch auf der Webseite gelistet wurde. Glücklicherweise ist deren Existenz hier im Thread auch mit Fotos eindeutig dokumentiert. Deshalb empfehle ich jedem, der vielleicht doch die horizontale Variante bevorzugen würde, nicht einzuknicken und explizit danach zu fragen, so daß Brightscreen den Bedarf dafür erkennt und vielleicht nochmal einen Charge davon auflegt.
Mein Exemplar verfügt schon über die drei seitlichen Nasen, wie von den Original-Sony-Einstellscheiben her bekannt, aber bei der Urversion der Brightscreen-Scheibe nicht vorhanden. Ein verdrehtes Einsetzen ist so unmöglich. Diese Nasen sind allerdings nicht in allen Feinheiten den Originalen nachempfunden, und die beiden dünnen Zentriernippel, die sich bei den Originalscheiben auf den zwei gegenüberliegenden Nasen befinden, fehlen bei Brightscreens Produkt. Das ist offensichtlich auch der Grund, wieso es zu einem minimalen Versatz der Einstellscheibe gegenüber dem tatsächlichen Mittelpunkt des Sucherbildrahmens kommen kann, was dann sofort dadurch störend auffällt, daß der Außendurchmesser des Mikroprismenrings und der fast gleichgroße Kreis der Messzone minimal gegeneinander versetzt sind. Das kann man zwar nachträglich durch vorsichtiges Verschieben korrigieren, was jedoch nicht für den schnellen bedarfsabhängigen Wechsel der Einstellscheibe zwischendurch taugt.
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An der konkav abgerundeten Form der Ausfräsungen für die seitlichen Nasen kann man auch erkennen, daß die Brightscreen Proscreens nicht auf einer Eigenfertigung (per Spritzgußverfahren o.ä.) beruhen, wie der Anbieter gerne Glauben machen würde, sondern aus auf dem Markt verfügbaren Einstellscheiben für Mittelformatkameras (welche genau?) herausgefräst werden. Das erklärt auch den überaus großen Durchmesser des Schnittbildkeils und Mikroprismenrings dieser Typ-#5-Einstellscheiben. Da es offensichtlich keine Einstellscheiben mit Schnittbildindikator für Kleinbild-SLRs mit 100%-Sucher gibt, aus denen man die besonders großen Einstellscheiben für die DSLR-A900 fertigen könnte, kann Brightscreen auch keine Typ-#4-Varianten mit kleinerem Schnittbildindikator und Mikroprismenring anbieten. Brightscreen handelt das zwar als Vorteil, aber ich finde das eher bedauerlich, denn der Durchmesser ist wirklich schon arg groß - so groß, daß seitlich nur noch relativ wenig Fläche für die Fokussierung auf Mattscheibe übrig bleibt und man sich entweder komplett auf den Schnittbildindikator verlassen muß (normalerweise allerdings auch kann) oder die Kamera nennenswert verschwenken, um ein zentrales Objekt auf Mattfläche fokussieren zu können - mit den damit verbundenen Nachteilen des Verschwenkens.
Erschwerend kommt zumindest bei weniger lichtstarken Objektiven (oder bei Abblendung) noch hinzu, daß die Qualität der Mattfläche optisch gegenüber den Originalen abfällt - vielleicht sind wir bei Minolta und Sony mit den patentierten Acute-Matte-Einstellscheiben aber einfach auch verwöhnt. Bei Objektiven mit Lichtstärke 1:1,4 fällt das noch kaum auf, bei 1:2,8 wird es schon spürbar, und bei 1:4,5 ist es bereits sehr ausgeprägt. Nicht nur, daß die Mattfläche bei solchen Objektiven dunkler als die Standard-"G"-Mattscheibe ist (und stark mit dem hellen Mikroprismenring und Schnittbildindikator kontrastiert), ich würde auch sagen, daß sich das Schärfeoptimum darüber dann auch schlechter finden läßt, als mit den Sony-Scheiben. In jedem Fall ist der Übergang weich und nicht fast "springend", wie bei den Acute-Matte-Scheiben. Sicherlich ist das jedoch z.T. auch gewöhnungsbedürftig, so daß ich noch kein abschließendes Urteil dazu fällen mag. Eines kann ich jedoch schon jetzt klar sagen: Die Einstellscheibe "PM" der Minolta 9000 AF ist diesbezüglich klar besser - nur gibt es die bekanntlich nicht für die DSLR-A850/DSLR-A900...
Die Einstellung auf die Mikroprismenfläche funktioniert bei geeigneten Motiven gut, allerdings würde ich mir persönlich einen sehr viel dünneren Mikroprismenring und viel feinere Mikroprismen wünschen - halt so, wie man das von "normalen" Einstellscheiben für Kleinbild-SLRs gewöhnt ist (die "PM" läßt grüßen). Um beurteilen zu können, ob es flimmert oder nicht, brauche ich jedenfalls keinen derart breiten Ring und hätte stattdessen zwecks einfacherer Schärfe- und Motivbeurteilung in der Praxis viel lieber eine größere Mattfläche drumherum. Diese Proportionen sind aber offenbar der Herkunft der Einstellscheibe aus dem Mittelformatbereich geschuldet.
Der Schnittbildkeil funktioniert hervorragend präzise, ist aber ebenfalls extrem groß im Vergleich zu herkömmlichen Einstellscheiben mit Schnittbildindikator. Hier geht viel Sucherbildfläche "ungenutzt" verloren, die einem außen herum als Mattfläche fehlt. (Denn so stark kann der Versatz der beiden Motivhälften im Kleinbildbereich eigentlich gar nicht ausfallen, als daß man so einen breiten Keil wirklich bräuchte.)
Allererste leichte Abdunkelungen gibt es beim Abblenden auf Blende 3, aber von Abschattung würde ich je nach Augenposition erst bei Blende 6,7 bis 8 sprechen. Ab Blende 11 bis 13 ist selbst mit großen Anstrengungen praktisch keine Fokussierung auf Schnittbildkeil mehr möglich (getestet mit dem AF 1,4/50mm Objektiv - denn das hängt z.T. auch von der verwendeten Optik ab). Übrigens sei an dieser Stelle angemerkt, daß der Schnittbildkeil problemlos auch mit dem Minolta/Sony 2,8/135mm STF [T4,5] funktioniert. Dies war für mich nichts Neues, da ich das STF schon lange an der Minolta 9000 AF mit deren Einstellscheibe "PM" benutze, aber es wird ja immer wieder behauptet, daß das STF deshalb keinen Autofokus hätte, weil das Phasendetektionsprinzip hier versagen würde. Dem ist aber nicht so, wie ich ja schon öfters ausgeführt habe.
http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...st&p=287194
http://www.mi-fo.de/forum/index.php?showto...st&p=230595
Die übrigen Suchermarkierungen der DSLR-A850/DSLR-A900 gehen übrigens bei einem Tausch der Einstellscheibe nicht verloren, da sie nicht auf den Einstellscheiben selbst aufgebracht sind, sondern auf einem separatem "SI SCREEN". Das gilt sowohl für die schwarze Markierung für den Spotmeßkreis, die AF-Felder als auch die Markierung für das 16:9-Format. Auch die rote Beleuchtung der gewählten AF-Felder funktioniert problemlos.
Bei der Definition ggfs. zusätzlich aufzubringender Custom-Markierungen, die Brightscreen anbietet, braucht man diese Markierungen also nicht mit zu berücksichtigen - im Gegenteil, man sollte die entsprechenden Bereiche eher explizit aussparen (wie bei der FDA-FL1AM, deren Gittermuster an den entsprechenden Stellen nicht ohne Grund unterbrochen ist).
[attachment=10996:fda_fm1am_b.jpg][attachment=11011:FDA_FL1AM.jpg]
Was Abweichungen der Belichtungmessung oder Fehlinterpretationen der automatischen Motiverkennung in der Mehrfeldmessung angeht, muß ich erst Erfahrung sammeln. Es ist anzunehmen, daß die Abweichungen bei lichtstarken Objektiven (1:1,4 und 1:2) allenfalls marginal ausfallen werden, aber bei weniger lichtstarken Objektiven (1:3,5 und weniger) rechne ich mit zunehmend stärkeren Abweichungen. Inwieweit hier objektivabhängig pauschale Korrekturfaktoren oder die Umschaltung auf mittenbetonte Integralmessung helfen werden, kann ich natürlich noch nicht sagen.
Mein Fazit soweit: Licht und Schatten. ;-)
Wer an der DSLR-A850/DSLR-A900 viel mit manueller Fokussierung arbeitet, dabei eher lichtstarke Objektive einsetzt und wen die platzeinnehmenden Einstellhilfen nicht bei der Komposition stören, dem kann man diese Brightscreen-Einstellscheibe durchaus empfehlen - wenn auch nur in Ermangelung besserer Alternativen am Markt.
Gerade auch für die schnelle und präzise Fokussierung des STF ist die Sicherheit, die der Schnittbildkeil bringt, ein echter Segen. Leider nur gehört gerade dieses Objektiv aufgrund seiner eher geringen Lichtstärke auch zu denen, bei denen eine Fokussierung auf die verbleibende Mattfläche dann schon wieder schwieriger wird. Hier bleiben die Acute-Matte-Scheiben ungeschlagen.
Es ist schon eine Schande, daß Sony für die DSLR-A850/DSLR-A900 keine Einstellscheibe vom Typ "PM" (oder gar "PML" herausgebracht hat, die Schnittbildkeil und Mikroprismenraster in kleinbildformattauglichen Proportionen mit der hervorragenden Acute-Matte-Fläche kombiniert hat... Dann wäre es nicht nötig, irgendwelche Kompromisse einzugehen.
Viele Grüße,
Matthias