Hallo Fuzzi,
so, nun zu Deiner Frage zum Thema Blendenzahlen. Steigen wir zunächst einmal ganz grob ein:
Die am Objektiv eingestellte Blendenzahl gibt Aufschluß darüber, wieviel Licht das Objektiv durchläßt. Je kleiner die eingestellte Blendenzahl ist, desto größer ist die durchgelassene Lichtmenge, je größer die eingestellte Blendenzahl ist, desto weniger Licht läßt das Objektiv durch (...ist physikalisch nicht ganz präzise formuliert, aber im Moment etwas anschaulicher).
Bis hier hin kennst Du die Sache ja.
Wenn Du die Blende um eine Stufe schließt, z.B. von Blende 2,8 auf Blende 4, dann halbierst Du damit die durchgelassene Lichtmenge. Verdoppelst Du die Blendenzahl, also z.B. von Blende 2,8 auf Blende 5,6 dann fällt nur noch ein Viertel der ursprünglichen Lichtmenge durchs Objektiv. Bis hierhin ist das bestimmt auch noch klar, nicht war?!
Dabei ist es nun egal, was für ein Objektiv Du benutzt. Egal, ob es ein 50mm Normalobjektiv oder ein 200mm Teleobjektiv ist – egal ob es ein billiges oder ein teures Objektiv ist.
Bei gleicher Helligkeit des zu fotografierenden Objekts fällt bei gleicher eingestellter Blende die gleiche Lichtmenge pro Zeiteinheit (...hier physikalisch nun etwas präziser) auf den Film. Egal ob 50mm auf Blende 8 gestellt oder 200mm auf Blende 8 gestellt – bei gleicher Objekthelligkeit ermittelt der Belichtungsmesser die gleiche Verschlußzeit!
Wie kommen denn nun diese Blendenzahlen zustande? Hm, ein bisschen Mathematik gefällig? Na dann los:
Die Blendenzahlen sind ein Verhältnismaß. Sie geben das Verhältnis von Brennweite zu Blendendurchmesser an (also Brennweite geteilt durch den Blendendurchmesser).
Ein Objektiv mit Brennweite 50mm und einem Blendendurchmesser von 25mm bei voll geöffneter Blende hat bei dieser Einstellung die Blendenzahl 2. Dreht man die Blende auf einen Durchmesser von 12,5mm zu, dann ist Blende 4 eingestellt und so weiter.
Der Wert, der bei voll geöffneter Blende erreicht wird, wird als Lichtstärke des Objektivs bezeichnet – im obigen Fall hatte die Blende im voll geöffnetem Zustand einen Durchmesser von 25mm – also lag die Lichtstärke bei 2.
Was sagst Du? Ein 200mm-Objektiv hat doch dann bei Blende 2 einen Blendendurchmesser von 100mm, da kommt doch viel mehr Licht durch?!
Das ist zunächst auch richtig, allerdings wird durch die größere Brennweite das entstehende Bild auf eine viel größere Fläche verteilt (der Filmstreifen sieht immer nur einen Ausschnitt davon). Der Durchmesser der Blende wäre im Fall unseres 200er Tele, das gerade auf Blende 2 steht, mit 100mm zwar viermal so groß, wie beim 50er Normalobjektiv, das auf Blende 2 steht, jedoch wäre die theoretische Bilddiagonale des entstehenden Bildes auch viermal so groß. Die Intensität des auf eine beliebige Stelle des Films treffenden Lichts wäre bei beiden Objektiven bei gleicher Blende gleich groß.
Darf's etwas mehr sein?
Stell Dir mal ein sehr hochwertiges, lichtstarkes 50mm Objektiv vor, dessen Blende auf satte 50mm geöffnet werden kann. Es hätte die Lichtstärke 1! Wenn Du nun die Lichtmenge, die pro Zeiteinheit durch's Objektiv fällt, halbieren willst, müßtest Du die Fläche, die die Blendenöffnung umschließt, halbieren. Das erreichst Du, indem Du den Durchmesser der Blende um den Faktor "Wurzel aus 2" verkleinerst. "Wurzel aus 2" ergibt, bei nur einer Nachkommastelle, 1,4 . Du würdest also den Blendwert 1,4 einstellen und somit die Blende auf tatsächliche 35,36mm schließen. Wolltest Du die Lichtmenge nochmals halbieren, dann müßtest Du die Blende nochmals um den Faktor "Wurzel aus 2" verkleinern. Gegenüber der Offenblende hättest Du nun schon um den Faktor "Wurzel aus 2" mal "Wurzel aus 2" abgedunkelt, also um den Faktor 2!
Multiplizier doch mal die "Wurzel aus 2" immer wieder mit sich selbst... Die Zahlen werden Dir sehr bekannt vorkommen (auf ganze Zahlen glätten...)
Nun weißt Du eigentlich alles, was zum weiteren Verständnis der Zusammenhänge nötig ist.
Wir hatten soeben von einem "hochwertigen Objektiv" mit Lichtstärke 1 gesprochen; warum sind die so selten zu finden? Und könnte man nicht theoretisch Objektive mit Lichtstärke 0,5 bauen, indem man den Blendendurchmesser doppelt so groß wie die Brennweite gestaltet?
In der Praxis ist es enorm schwierig, Objektive herzustellen, deren Blendendurchmesser annähernd so groß ist wie die Brennweite.
Vereinfacht dargestellt liegt das darin begründet, daß die von einem Punkt des abzubildenden Objekts durch eine Linse fallenden Lichtstrahlen den gemeinsamen Brennpunkt umso genauer treffen, je mittiger sie durch die Linse laufen. Relevante Strahlen, die die Linse am Rand durchlaufen, erreichen den Brennpunkt nicht so exakt – es kommt zu Abbildungsfehlern. Mit speziellen Bauformen von Linsen – asphärischen Linsen – kann man diese Fehler reduzieren, um schon bei relativ weit geöffneter Blende eine hohe Abbildungsqualität zu erreichen. Einfacher ist es natürlich, durch kleinere Blendenöffnungen zu erwirken, daß die Randbereiche der Linsen erst gar nicht durchlaufen werden. Solche Objektive sind deutlich billiger als die erstgenannten, aber eben nicht so lichtstark.
Diese Beschreibungen sind nun relativ kompakt gehalten – in der Praxis des Objektivbaus treten noch weitere Schwierigkeiten auf. Allerdings würde es den Rahmen sprengen, sie hier alle aufzuführen. Schau Dir jedoch auch mal die Ausführungen zum Thema "Achromaten" an (unter Spiegelreflexkameras und Zubehör).
Darüber hinaus würde ich Dir empfehlen, Dir ein paar gute Fachbücher zuzulegen.
Gute Fachbücher sind zwar nicht gerade billig, aber sie vermitteln Dir sehr viel Grundlagenwissen; außerdem bieten sie meist sehr anschauliche Illustrationen. Oft sagt ein Bild mehr als tausend Worte.
Laß Dich im einem guten Fotogeschäft oder in einer guten Buchhandlung mal beraten.
Ich persönlich halte das "Große Buch der Fotografie", erschienen im TimeLife-Verlag, für sehr gut gelungen. Mein Exemplar ist zwar schon sehr alt, aber ich meine, es ist in neuerer Auflage immer noch erhältlich.
Natürlich soll das nicht heißen, daß Du hier keine Fragen mehr stellen solltest.
Also, wenn Du etwas wissen möchtest – nur zu!
Nun erstmal viel Spaß
Mick