Nachfolgend möchte ich beschreiben, wie es gelungen ist, mein 75-200mm wieder in einen alltagstauglichen Zustand zu versetzen.
Diese Beiträge werden in den nächsten Tagen laufend überarbeitet.
Für Ergänzungen und Hinweise bedanke ich mich schon jetzt!
Danke auch an Euch, Torsten, Frank und Peter. Gute Hinweise zum passenden Zeitpunkt. Wichtig war es auch, zu merken, daß es noch jemanden interessiert im Zeitalter von Autofokus und digitaler Fotografie.
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Wichtig:
Die nachstehenden Informationen sind keine Referenz für eine fachgerechte Reparatur. Es handelt sich ausschließlich um meine persönlichen Erfahrungen. Für direkte, kurz- oder langfrisitge Schäden an seinem Equipment aufgrund der Verwendung von Schilderungen aus diesem Beitrag haftet jeder selbst.
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Ausgangspunkt war ein äußerlich neuwertiges Exemplar mit gebremster Blende infolge von Verunreinigung durch Schmiermittel.
Das Internet ist voll von Anleitungen zur Zerlegung von Objektiven, Reinigung verölter Blenden uvm., leider jedoch meistens nicht passend für das Modell, welches man gerade in den Fingern hat. Ein Reparaturhandbuch lag auch nicht vor, eine Recherche danach blieb ebenfalls erfolglos.
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Ein wenig technischer Hintergrund zum Thema ist zwar vorhanden doch denkbar dünn.
Wichtigste Arbeitsmittel waren:
- mein schlechtes Kurzzeitgedächtnis ardon:
- Mut untermauert durch Unwissenheit
- Pausen in Abhängigkeit zum Versagen der Motorik und bei steigendem Blutdruck
- Ich wünschte im Zuge des Zusammenbaus, ich hätte meine Kamera und den wasserfesten Stift öfters benutzt.
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Es gibt da draußen scheinbar viele Stücke mit demselben Problem.
Diese Linse hat hinsichtlich ihrer optischen Leistung einen zu guten Ruf um sie wegen einer kleinen Verunreinigung in die Vitrine zu stellen oder schlimmer. Also machte ich mich in kleinen Schritten auf den Weg.
In der Annahme, es ginge schon glatt, habe ich den Fortschritt der Zerlegung nicht dokumentiert. Ich hoffe, das Rückwärtslesen des bebilderten Zusammenbaus hilft trotzdem.
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Wer sich nicht herantraut, sollte einen alternativen Weg versuchen. Kann die Erfolgschancen nicht einschätzen. Bin auf der Suche nach tangierenden Informationen über einen Beitrag gestolpert, in dem jemand folgendes Phänomen beschrieb:
Ein Objektiv mit verölter Blende wurde zufällig längere Zeit in einem gerade neu gekauften Holzschrank aufbewahrt. Aus Neugier irgendwann wieder herausgeholt - mit geheilter Blende. Als Ursache wurden Ausdünstungen des Schrankes genannt. Es kann sich um natürliche Dämpfe des Holzes oder auch verdunstende Konservierungsstoffe gehandelt haben. Diese wirken auf das Öl wie ein Lösungsmittel.
Es gibt auch Quellen, die empfehlen, ein Objektiv mit verölter für Blende eine gewisse Zeit in einem Kunststoffgefäß zusammen mit Sägemehl oder Hobelspänen aufzubewahren. Über Lage (Bajonettseite oder Objektivseite nach unten - würde sagen letzteres) und Zeitraum habe ich keine Angaben.
Ich hoffe, die Kumpels bei Pentaxinfo.de haben nichts dagegen, daß ich das hier einfach mal zur Verfügung stelle:
Pentaxinfo.de
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Ein paar Hinweise (auch zur Demontage):
Besorgt Euch gutes Werkzeug. Sofern nicht vorhanden, kostet die Anschaffung vielleicht ein wenig, ist aber im richtigen Moment eigentlich unbezahlbar.
Wichtig ist es, auf Bajonettseite anzufangen. Wie Torsten schrieb, ist die Vorgehensweise dann ziemlich geradeaus. Es sind eigentlich immer die Schräubchen zu erkennen, die es als nächstes zu lösen gilt. Es sollte darauf verzichtet werden (ist auch nicht erforderlich), den Ring mit der Blendenskala abzuziehen. Die kleine Kugel, welche für die einrastende Blendenverstellung verantwortlich ist, läßt sich zwar ohne Probleme mit Hilfe eines Klebestreifens wieder einsetzen, ist jedoch im eingebauten Zustand federnd gelagert und damit migrationsgefährdet.
Die rückwärtige Linsengruppe läßt sich (siehe Beschreibung von Torsten) nach Abnahme des umgebenden Tubus mit der Schärfentiefenskala (Stellung markieren! mit bloßer Hand herausdrehen.
---> Es lohnt sich an dieser Stelle, die nun freiliegende Rückseite der Blende mit einem Wattestäbchen und Alkohol zu reinigen. Wenn die Blende dann wieder freigängig ist, sollte man sich den Rest unbedingt sparen.
Alkohol ist eine Lösung, aber welchen für welches Problem?
- 2-Propanol in 70%iger Lösung = Isopropanol (mit Vergällungsmittel = Verdunstungsrückstände)
- 2-Propanol in 99%iger Lösung (mit Vergällungsmittel = geringere Verdunstungsrückstände)
- Ethanol 99%, reines Zeug (ungetestet, vermutlich ohne Verdunstungsrückstände, Apothekenpreis 500ml = EUR 30,00)
- Spiritus aus dem Baumarkt löst auch Fette, verursacht aber auf den Blendenlamellen starke, unschöne Verdunstungsrückstände, deshalb nicht empfehlenswert
Grundsätzlich eignen sich wohl alle zum Entfetten, ist vielleicht auch eher ein Frage der Ästhetik.
Wichtig ist der Beitrag von Peter zum Thema Verdünnungsgrad und destilliertem Wasser. Da ich über kein gereinigtes Wasser verfügte, kann ich das nicht bewerten. Es klingt jedoch absolut nachvollziehbar, daß damit verdünntes Isopropanol eben auch nur noch verdünntes Vergällungsmittel enthält und so die Verdunstungsrückstände minimiert werden können. Von normalem Leitungswasser ist natürlich abzusehen (Kalk).
Lt. Aussage der Angestellten aus der Apotheke ist Ethanol 99% hochrein und zur Verwendung bei der Herstellung alkoholischer Präparate (ja auch die woran ihr jetzt denkt ) geeignet - also ohne Vergällung. Einen Versuch wäre es wert.
Anschließend eine Nacht auf der Heizung sollte ausreichen, alles wieder zusammenschrauben.
Fertig.
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Wenn jetzt noch nicht genug hat ...
Der vordere Teil ist etwas haariger.
Die Mechanik ist anspruchsvoll aber nicht unbeherrschbar. Vier Tuben sind ineinander geschachtelt.
Meine Beobachtung: Alle trocken, nur die äußere Oberfläche des innersten ist gefettet.
Zur Demontage ist das Griffgummi teilweise ausgehend von der Fuge auf der Unterseite abzulösen. Je nach individuellem Zustand kann der Kleber stellenweise relativ trocken und fest oder aber weich sein und Fäden ziehen, ist dann aber deutlich leichter zu lösen. Helfen kann eine sehr vorsichtige Erwärmung des Materials. Jetzt liegt auf jeder Seite je eine Führungsschiene mit enthaltenem Gleitlager frei und lädt zur Fortsetzung der fröhlichen Schrauberei ein.
Die Tuben können dann von außen nach innen durch Entfernung der Mini-Gleitlager demontiert werden. Diese bestehen in der Draufsicht von oben nach unten aus Halteschraube (Kreuzschlitz), Gleitring (auf die Lage achten - Oberseite angesenkt für Schraubenkopf, Unterseite formschlüssig für den Sockel), Schraubsockel (Schlitzschraube).
Danach kommt von außen gesehen der zweite Tubus mit der Frontlinse. Macht vor der Demontage der Frontlinse unbedingt mit einem wasserfesten Stift eine Markierung, welche deren Stellung zum haltenden Tubus kennzeichnet, bevor Ihr die drei Madenschräubchen löst. Ich bilde mir ein, es hätte den Zusammenbau erheblich vereinfacht. Nachdem die Frontlinse demontiert ist, kann dieser in der gleichen Richtung vorsichtig abgezogen werden. Er muß im Verlauf leicht verdreht und verkantet werden, da sich dahinter, direkt an der Kante zum Frontlinsengewinde zwei Schlitzschrauben befinden, welche meiner Meinung nach den Anschlag für den Fokussierweg bilden.
Der von außen nach innen gesehen dritte Tubus enthält weitere Gleitlager und ist auf der Blendenseite durch einem Schraubring mit zwei Kerben gesichert. Um den zu lösen benötigt Ihr ein Spezialwerkzeug. Keine Ahnung wie die fachlich korrekte Bezeichnung dafür ist, eine Abbildung findet Ihr im weiteren Verlauf.
Im Zuge der Entfernung der Gleitlager lösen sich im innersten Tubus die enthaltenen 2 Linsengruppen. Es gibt eine vordere größeren Ausmaßes und eine hintere flachere Konstruktion. Diese können durch leichtes Verkanten herausgenommen werden. Macht Euch Markierungen für deren Stellung relativ zu ihrer Position im Tubus.
Jetzt habt Ihr den beinahe leeren Tubus. Er enthält immernoch eine Linse, welche vor der Blende sitzt. Es ist mir nicht gelungen zu erkennen, wie diese entfernt werden kann. Es kann sich um eine einzelne oder zusammengesetzte (verkittete) Linse handeln.
Ich muß sagen, daß mir nicht ganz wohl bei der Sache war, sie verbaut zu lassen und gezwungenermaßen zusammen mit der Blende dem Alkoholbad im Ultraschallreiniger auszusetzen.
Ergänzung:
Die Linse läßt sich entfernen. Sie sitzt fest in ihrer tellerartigen Schraubfassung. Diese hat zwei kleine runde Vertiefungen, in welche ein entsprechender Spannschlüssel ("spanner wrench" paßt. Wenn man sie herausdreht, liegt darunter der Blendenkäfig, auch wieder mit zwei Vertiefungen für einen Spannschlüssel, aber mit größeren Abmessungen.
Solltet ihr sowas vorhaben, besorgt Euch einen langen stabilen Spannschlüssel. Es sitzt hier alles sehr tief bei sehr geringem Arbeitsdurchmesser.
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Die Reinigung im !flachen! Ultraschallbad verlief erfreulich unspektakulär. Habe aus Unkenntnis mehrere Kombinationen ausführen müssen. Wichtig ist vielleicht, das Bad nicht zu übertreiben und zeitlich kurz anzusetzen. Bei mir waren es immer so ca. 1-2 min.
Im Nachhinein würde ich mir destilliertes Wasser besorgen und es wie Peter halten.
1. Durchgang - alkoholische Lösung unverdünnt.
2. Durchgang - Lösung um 1:2 oder 1:3 verdünnt.
Unmittelbar nach dem Bad ist die Blende natürlich extrem gehemmt durch die zwischen den Lamellen befindliche Flüssigkeit. Es kann nicht schaden, sie erstmal in Ruhe zu lassen und der Versuchung zu widerstehen.
Eine Nachbearbeitung mit 99%igem 2-Propanol hat in meinem Fall Verdunstungsrückstände nicht ganz entfernt aber dezimiert.
Danach Heizung (mindestens bis zum nächsten Morgen) und abschließender Zusammenbau.
Ich hatte vielleicht nur Glück, wenigstens bis jetzt
Mein Objektiv fokussiert momentan minimal über unendlich. Ich denke, das kann man noch korrigieren. Wenn nicht, hat der Mindestabstand des Geräts leicht zugenommen. Im Zweifel kann ich damit leben
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Die Bilder vom Zusammenbau muß ich noch etwas aufbereiten und ggf. Details etwas hervorheben. Mehr in Kürze.
[EDIT: Bilder aus der Galerie gelöscht und hier im Beitrag eingefügt - das kannst Du auch selbst, siehe direkt unter dem Textfenster im Beitragseditor. In der Bildergalerie solltet Ihr nur ein Bild pro Tag hochladen (siehe Regeln), abgesehen davon sind die Informationen hier im Thread viel besser aufgehoben. Danke für Dein Verständnis.]
/ letzte Aktualisierung: siehe Pkt. Ergänzung zur Freilegung des Blendenkäfigs